Celler OLG-Präsidentenstelle: Jetzt geht es vor Gericht
Seit einem halben Jahr schon ist die Leitung des Oberlandesgerichts Celle vakant, nachdem Präsident Peter Götz von Olenhusen Ende Juli in den Ruhestand verabschiedet worden war. Die Aussichten aber, dass sich dieser Zustand bald ändert, sind nicht gut. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick liegen gegen die Entscheidung der Landesregierung, die frühere Justiz-Staatssekretärin Stefanie Otte für das Amt zu berufen, zwei Konkurrentenklagen vor. Die eine kommt vom Präsidenten des Landgerichts Hannover, Ralph Guise-Rübe, die andere vom Leiter der Generalstaatsanwaltschaft in Celle, Frank Lüttig. Das bedeutet nun, dass sich die Verwaltungsgerichte in Hannover und Lüneburg mit den Klagen befassen müssen. Je nachdem, wie diese Entscheidungen ausfallen werden, ist auch noch eine zweite Runde vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg vorstellbar. Das heißt: Alles zieht sich in die Länge.
Vorgang mit politischer Note
Konkurrentenklagen gegen Führungspositionen sind nicht ungewöhnlich, in diesem Fall aber bekommt der Vorgang eine politische Note. Die rot-grüne Landesregierung hatte in ihrer letzten Sitzung Mitte November Otte berufen, und zwar auf Vorschlag ihrer Ministerin Antje Niewisch-Lennartz. Beide gehören den Grünen an. Da Otte als Staatssekretärin nach B9 besoldet wurde, also eine der höchsten zu erzielenden Gehaltsstufen für Landesbeamte erreichte, hat sie im Streit mit anderen exzellente Startvoraussetzungen – im Streitfall zählt nämlich häufig die Höhe des vorherigen Statusamtes bei der Personalauswahl. Hier allerdings entsteht ein Problem: Kritiker meinen, das Staatssekretärsamt werde unabhängig von Leistung vergeben, da es auf politischer Nähe zum Minister und auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Minister beruhe.
Hinzu komme, dass die für das Auswahlverfahren maßgebliche Beurteilung der Staatssekretärin Otte von ihrer eigenen Ministerin verfasst wurde, von jener Person also, zu der sie ein besonderes politisches Vertrauensverhältnis pflegen musste. Da Staatssekretärspositionen nicht nur auf besonderer Eignung und Befähigung beruhen, sondern auch auf politischer Zuverlässigkeit, halten einige Kritiker diese Positionen für „nicht frei zugänglich“, folglich würden für Staatssekretäre, die sich für hohe Beamtenpositionen bewerben, besondere Bedingungen gelten. Dies könnte in einem Gerichtsverfahren zur Konkurrentenklage eine Rolle spielen.
Beurteilung der Ministerin „äußerst fragwürdig“
Unterdessen hat sich ein niedersächsischer Richter am Bundesgerichtshof, Michael Dölp, kritisch mit den Vorgängen auseinandergesetzt. In einer längeren Stellungnahme für das Politikjournal Rundblick schreibt Dölp, dass er Otte für eine „sympathische Frau und sicherlich gute Juristin“ halte, ihr aber leider nicht gratulieren könne. Zum einen habe sich die Stellenausschreibung für die OLG-Präsidentenstelle nur an Bewerber aus dem niedersächsischen Landesdienst gerichtet, dies widerspreche dem Grundsatz der Bestenauslese im Grundgesetz. Dass Otte von einem besser besoldeten Amt komme und sich für ein niedriger besoldetes bewerbe, könne man nur mit dem politischen Charakter ihres vorherigen Staatssekretärsamtes erklären, das nämlich beim Regierungswechsel verloren gegangen sei.
Die ungewöhnlich hohe Besoldungsstufe der Staatsekretärin, B9, sorge auch dafür, dass es bei den Bewerbern für diese R8-Position „keine echte Konkurrentenlage“ gebe, meint Dölp. Zudem sei die von der Ministerin für Otte geschriebene Beurteilung „äußerst fragwürdig“, da hier eine Parteifreundin für die andere tätig geworden sei. Niewisch-Lennartz habe das schon einmal getan, da Ottes Vorgänger, Staatssekretär Wolfgang Scheibel, auf dem gleichen Weg zum Präsidenten des OLG Braunschweig berufen worden war. Schließlich rügt der BGH-Richter Dölp, dass SPD und Grüne sich stets für eine Karenzzeit eingesetzt hätten, wenn es um den Wechsel von politischen Spitzenbeamten in andere, öffentlich bedeutsame Positionen ging. In diesem Fall spiele das aber offensichtlich keine Rolle – und er wundere sich, warum die CDU dieses Verhalten offenbar still toleriert habe.