Die Europawahl in einem guten halben Jahr wirft ihre Schatten voraus. Die niedersächsische CDU entscheidet am Sonnabend in Walsrode, wie die Landesliste aussehen soll. Im Unterschied zu allen anderen Parteien haben CDU und CSU keine bundesweite Liste, vielmehr wird nach Listen der jeweiligen Bundesländer gewählt. Bisher hat die niedersächsische CDU drei Europaabgeordnete – den früheren Ministerpräsidenten David McAllister, Lena Düpont aus Gifhorn und Jens Gieseke aus Sögel im Emsland.

Kampf um Platz 3: Jens Gieseke oder Jochen Steinkamp? | Fotos: privat

Die gängige Regel, dass bereits gewählte Europaabgeordnete unangefochten bleiben sollen, dürfte diesmal durchbrochen werden. Viel deutet auf eine Kampfkandidatur um Platz drei hin – zwischen Gieseke und dem Bewerber des Landesverbandes Oldenburg, Jochen Steinkamp aus Vechta. Die Oldenburger scheinen zum Kampf entschlossen auch deshalb, weil ihr starker Kreisverband Vechta nach dem Mandatsverzicht des Landtagsabgeordneten André Hüttemeyer (als Folge einer staatsanwaltschaftlichen Ermittlung) aktuell ohne überregionales Mandat dasteht. Im Landtag ist die Kreispartei nun nicht mehr vertreten, ebenfalls nicht im Bundestag (da Silvia Breher aus dem benachbarten Kreisverband Cloppenburg kommt) und im Europaparlament auch nicht. Der letzte EU-Abgeordnete aus Vechta war Prof. Hans-Peter Mayer, der von 1999 bis 2014 das Mandat in Brüssel und Straßburg ausübte.

Die Diskussionen im Vorfeld der Listenaufstellung sind heftig, heißt es. Es werden sogar Hinweise gestreut, im Wettstreit der Osnabrücker und Oldenburger werde massiv auf Delegierte eingewirkt. Auch gibt es wieder Versuche, Bündnisse zu schmieden. Dabei scheinen die ersten Plätze sicher zu sein.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist als wahrscheinliche EVP-Spitzenkandidatin für die Europawahl vorgesehen. Sie wird aber nicht für einen Platz im EU-Parlament kandidieren, denn ein solches Mandat müsste sie sowieso aufgeben, falls sie die Chance erhält, in der nächsten Wahlperiode EU-Kommissionspräsidentin zu bleiben.

Platz eins der Landesliste wird also erneut David McAllister aus dem Kreis Cuxhaven erhalten. Auf Platz zwei wird dann die engagierte Abgeordnete Lena Düpont aus Gifhorn folgen. Gieseke tritt auf Position drei an in der Erwartung, als erfolgreicher EU-Abgeordneter bestätigt zu werden. Wenn aber Jochen Steinkamp aus Vechta gegen ihn antritt – was wahrscheinlich ist, da nur Platz drei noch als erfolgversprechend gilt – kommt es auf die Geschlossenheit der Verbände an. Der Landesvorstand dürfte sich nicht gegen Gieseke aussprechen können, das wäre sonst ein Affront gegen einen amtierenden Abgeordneten.

Ob die Oldenburger geschlossen hinter Steinkamp stehen, ist eine offene Frage. Rückendeckung dürfte ihm die feste Absicht der Vechtaer geben, mit aller Entschiedenheit ein überregionales Mandat erringen zu wollen – und die Schmach des Falles Hüttemeyer auf diese Weise auszugleichen.



Umgekehrt ist auch spannend, wie geschlossen der Heimatverband Osnabrück/Emsland hinter Gieseke steht. Vor zehn Jahren, als er erstmals ins EU-Parlament gewählt wurde, war die Nominierung ausgesprochen knapp ausgegangen. In der entscheidenden Versammlung des CDU-Bezirksverbandes waren 104 Delegierte für Gieseke, 98 für seinen Gegenkandidaten Benedict Pöttering, ein Sohn des früheren EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering.

Es gibt in der CDU unterschiedliche Antworten auf die Frage, ob es Gieseke in den zehn Jahren seines Wirkens als Abgeordneter gelungen ist, die Spaltung im eigenen CDU-Bezirk zu beenden und alle Kräfte hinter sich zu scharen.


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Spannend ist auch die Frage, ob der Verlierer einer möglichen Kampfabstimmung „Gieseke gegen Steinkamp“ dann auf Platz vier ohne Mitbewerber antreten wird. Der Platz vier wäre bei einem sehr guten CDU-Ergebnis bei der Europawahl Anfang Juni 2024 vielleicht zu schaffen. Bisher tritt als Bewerberin für Rang vier die Landesvorsitzende der Jungen Union an, Karoline Czychon aus Hannover.

Nun gibt es aber Hinweise, dass sie nicht auf diesem Platz bestehen will und notfalls auch mit Rang fünf einverstanden sein könnte. Käme es so, dann könnte der Verlierer des Duells zwischen Osnabrück und Oldenburg noch gesichtswahrend auf Rang vier die Aufstellungsversammlung der CDU verlassen.