
Soll auf diejenigen, die sich nachhaltig einer Corona-Schutzimpfung verweigern, mehr Druck ausgeübt werden? In diesem Punkt sich alle Fraktionen im Landtag prinzipiell einig, auch wenn die FDP betont, jede Form von Druck sei fragwürdig. Ob aber alles so weit gehen soll, dass man bestimmten Berufsgruppen wie Pflegern in Altenheimen, Beschäftigten in Krankenhäusern oder auch Lehrern eine Pflicht zur Impfung auferlegt, teilt die Fraktionen. Klar dafür äußerte sich am Dienstag in einer aktuellen Debatte der Vertreter der CDU, Jörg Hillmer (Uelzen). Die SPD-Politikerin Thela Wernstedt (Hannover) sprach von der ethischen Verantwortung jedes Staatsbürgers, ging aber nicht so weit, eine Impfpflicht direkt zu erwähnen. Klar gegen eine Impfpflicht nahmen Susanne Schütz (FDP) aus Braunschweig und Meta Janssen-Kucz (Grüne) aus Leer Stellung.
Erst vor wenigen Tagen hatte Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann (CDU) die Impfpflicht für Pflegekräfte befürwortet. Im Landtag schwieg er jetzt dazu. Sehr nachdrücklich übte jedoch der Vize-Fraktionschef der CDU, Hillmer, Kritik an den gegenwärtigen Zuständen. 80 Prozent derjenigen, die derzeit in den Krankenhäusern wegen einer Corona-Infektion behandelt werden, sind zwischen 18 und 59 Jahre alt und nicht geimpft. Die übrigen 20 Prozent seien Menschen über 70, die eine Vorerkrankung haben und bei denen die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems eingeschränkt ist. Hillmer sagte, jetzt müsse alles geschehen, die Impfquote zu erhöhen. Dabei fehle ihm „ein strukturiertes Vorgehen“. So sei nicht klar, wer die Menschen zur dritten Impfung einlade. „Kein Verständnis“ habe er dafür, dass es immer noch Pflegekräfte gebe, die nicht geimpft sind und dennoch täglich mit Bewohnern der Altenheime in Kontakt sind. „Kein Verständnis“ habe er auch dafür, dass Lehrer und Betreuer von Kindern unter 12 Jahren nicht geimpft sein müssten. Auch wenn das Risiko einer schweren Erkrankung bei Jugendlichen gering sei, könnten doch die Nachwirkungen als Long-Covid-Folge enorm sein. Hier sei noch viel unerforscht. „Testen ersetzt nicht das Impfen“, sagte Hillmer, ging aber nicht so weit, das Wort „Impfpflicht“ in den Mund zu nehmen. Alle Signale seiner Rede wiesen aber in diese Richtung.

Die SPD-Politikerin Wernstedt nutzte ihre Rede, den Impfskeptikern ins Gewissen zu reden. Wer eine ansteckende Krankheit habe, könne das nicht als Privatangelegenheit ansehen, denn er gefährde damit andere Menschen. Ende November könne es schon wieder so weit sein, dass wegen der Reservierung von Intensivbetten für Covid-Patienten geplante andere Operationen verschoben werden müssen. „Wer sich nicht hat impfen lassen, verschuldet, dass dann andere Patienten länger leiden müssen.“ Susanne Schütz (FDP) forderte eine noch bessere Werbekampagne für das impfen, lehnte aber Zwang ab – „viele, die sich widerwillig impfen lassen würden, würden anschließend ihre innere Kündigung gegenüber dem demokratischen System vollziehen“. Meta Janssen-Kucz (Grüne) meinte, Niedersachsen stolpere „unvorbereitet in die nächste Corona-Welle“. Es solle mehr mobile Impfteams geben und womöglich den Wiederaufbau der acht Impfzentren, die gegenwärtig eingelagert worden sind. Eine Impfpflicht für besondere Berufsgruppen lehne sie allerdings strikt ab. „Besser wäre es, die Arbeitgeber fragen bei den Mitarbeitern ab, wer geimpft ist und wer nicht – und die Nicht-Geimpften kommen dann nicht mehr in Kontakt mit Bewohnern von Altenheimen.“ Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) kündigte an, dass die Landesregierung alle Menschen über 70 informieren werde, wenn im Januar und Februar deren dritte Impfung in größeren Umfang bevorsteht.
Neue Verordnung noch schärfer: Der Entwurf der neuen Corona-Verordnung, die am 11. November in Kraft tritt, ist noch einmal nachgeschärft worden. Schon ab der Warnstufe I (wenn Corona-Infektionen und Krankenhausbelegung eine bestimmte Schwelle überschreiten) soll für Großveranstaltungen ab 1000 Teilnehmern die 2G-Regel gelten, nur negativ Getestete sind dann also ausgeschlossen. Für Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen gilt eine tägliche Testpflicht.