Bundestagswahl: Grüne wählen Julia Verlinden zur Spitzenkandidatin
Die Grünen in Niedersachsen gehen mit der Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden aus Lüneburg an der Spitze in die kommende Bundestagwahl. Die Delegierten wählten Verlinden auf einem Parteitag in Hannover mit 65 Prozent der Stimmen auf den ersten Listenplatz. Damit setzte sie sich im ersten Wahlgang gegen die Bundestagsabgeordnete Katja Keul aus Nienburg (30 Prozent) und Birgit Brennecke aus Rotenburg (5 Prozent) durch. Auf den zweiten Platz wählten die rund 180 Delegierten den ehemaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin mit 92 Prozent der Stimmen.
„Wir Grüne werden im Bundestag sowas von gebraucht“, sagte Verlinden in einer kämpferischen Rede, die von viel Applaus begleitet wurde. Sie attackierte Abgeordnete von CDU und SPD für ihre Haltung zum Fracking. „Zuhause erzählen sie immer, sie seien gegen Fracking und dann haben sie nicht den Arsch in der Hose, für unser Gesetz zu stimmen“, so Verlinden. Die Grünen im Bundestag hatten in einem Gesetzentwurf ein klares Fracking-Verbot gefordert. Einen weiteren Schwerpunkt legte Verlinden auf den Kohleausstieg. „Der Ausstieg ist für uns Grüne nicht verhandelbar, sagte sie im Gespräch mit dem Rundblick. Man könne mit den Grünen nicht über das Ob, sondern höchstens über das Wie verhandeln.
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Der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin griff in seiner Rede den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stephan Weil direkt an. Man müsse Volkswagen modernisieren, damit der Konzern nicht wie Opel ende. „Ich war immer ein Anhänger des VW-Gesetzes. Aber dann muss man seine Aufsichtspflichten im VW-Konzern auch wahrnehmen, lieber Stephan Weil. Und dann darf es nie wieder solche Verträge mit obszönen Werksrenten geben, wie sie mit Martin Winterkorn abgeschlossen worden sind. Da schüttelt sich ja jeder Rentner“, schimpfte Trittin. Und es dürfe auch nicht das Heizen des Koi-Beckens mit Betriebsmitteln finanziert werden. Der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn soll einen Teich für die Kois mit einer 60.000 Euro teuren Heizanlage ausgestattet haben.
Trittin plädierte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick dafür, dass Gehälter von über einer halben Million Euro und Entschädigungen von über einer Million Euro nicht mehr steuerlich absetzbar sein dürfen. „Abfindungsfälle wie der des ehemaligen VW-Vorstandsmitglieds Christine Hohmann-Dennhardt werden dadurch zu einem Drittel vom Steuerzahler bezahlt. Unternehmen können das ja bezahlen, aber dann zulasten der Aktionäre. Was diese mit ihrem Geld machen, kann dem Steuerzahler egal sein“, erklärte Trittin.
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Auf den dritten Listenplatz wählten die Delegierten mit rund 89 Prozent die Landtagsabgeordnete Filiz Polat aus Bramsche, auf den vierten Platz kam mit 94 Prozent der hannoversche Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler. Auf Platz fünf wurde die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Katja Keul aus Nienburg gewählt, die zuvor im Kampf um die Spitzenkandidatur Julia Verlinden klar unterlegen war. In einer Kampfkandidatur setzte sich auf dem sechsten Platz der Hildesheimer Landtagsabgeordnete Ottmar von Holtz gegen den Sprecher der Grünen Jugend, Marcel Duda, durch. Von Holtz kam auf 61 Prozent.
Die Parteispitze hält es für realistisch, dass zwischen sechs und acht Grüne aus Niedersachsen in den Bundestag einziehen könnten. Sie hofft auf ein zweistelliges Ergebnis bei der Wahl. In den Umfragen liegen die Grünen auf Bundesebene derzeit zwischen sieben und neun Prozent. Im Bundestag sind die niedersächsischen Grünen aktuell mit sechs Abgeordneten vertreten.
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