19. Apr. 2024 · Wirtschaft

Breite Einigkeit: Neue Bauordnung soll schon im Sommer beschlossen sein

Der Grünen-Abgeordnete Heiko Sachtleben richtete in der Landtagsdebatte über die Reform der Bauordnung eine große Bitte an seine Kollegen Abgeordneten: „Hoffentlich wird die Gesetzesnovelle schon im Juni im Landtag endgültig beschlossen. Denn wir brauchen den Bau-Sommer.“ Die Erwartung dürfte in Erfüllung gehen.

"Wir passen unsere Bauordnung nicht nur im Sinne der Wirtschaftlichkeit an, sondern sehr wohl auch im Sinne unserer Umwelt", sagt Heiko Sachtleben (Grüne). | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

Nicht nur die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen signalisierten in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs von Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), die Vorschläge im Wesentlichen mittragen zu wollen. Auch Christian Frölich, Bauexperte der CDU, plädierte für eine rasche Entscheidung über die Vorschläge bis zur Juni-Sitzung des Landtags. Den Kern der Neuerungen, nämlich einen Abbau von hohen Baustandards und einen Verzicht auf bürokratische Vorgaben für das Bauen, trügen die Christdemokraten mit. Das gelte auch, wenn man im Detail manchen Vorschlag anders bewerte als der Wirtschaftsminister.

„Das Loslassen des Staates ist der Leitgedanke."

Olaf Lies, Wirtschaftsminister

Lies beschrieb die Kernpunkte der Reform so: Wenn alte Gebäude umgebaut, aufgestockt oder erweitert werden, sollen nicht mehr die aktuellen Standards verbindlich dafür sein – sondern diejenigen, die beim Ursprungsbau gegolten hatten. Das bedeutet, Abstriche von Wanddicke, Lärmdämmung und Brandschutz sind möglich. Auch Fahrstühle müssen nicht zwingend eingebaut werden. Bei Umbauten soll es künftig mehr oder weniger ausreichend sein, das Bauamt der Gemeinde darüber zu informieren. Wenn einige Grundsätze eingehalten werden, soll die Verantwortung für das Projekt bei dem Entwurfsverfasser liegen, also beim Architekten des Bauherrn, nicht beim Bauamt der Kommune. „Das Loslassen des Staates ist der Leitgedanke. Sollten wir einen zu großen Schritt gehen, würden wir später kleinere wieder zurückgehen“, meinte der Minister.

Frank Henning (SPD) lobte das Konzept als „Beitrag zur Deregulierung“. Dass die Stellplatz-Pflicht bei Neubauten wegfallen soll, sei auch richtig – zumal die Möglichkeit dazu weiterhin bestehen bleibe. Der Grünen-Politiker Sachtleben ergänzte, die Einführung des „Gebäudetyps E“ in der Bauordnung („E“ steht für „einfach“) sei ein Fortschritt, weil das die Bürokratie vermindere. Auch sei es künftig möglich, die schon in anderen Bundesländern genehmigten Bautypen in Niedersachsen ohne vorgeschaltete neue Überprüfung anzuwenden. Auch das sei eine Vereinfachung.

„Mit der Novelle werden Regelungen vereinfacht, Verfahren beschleunigt und Bauen damit wieder günstiger“, sagt Frank Henning (SPD). | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

Der CDU-Politiker Frölich attestierte der deutschen Baupolitik zunächst eine „Vollkaskomentalität“ und „überhöhte Funktionalitätserwartungen“. Der Weg von Lies sei nun richtig. Probleme könnten im Detail auftreten, wenn es beim „Gebäudetyp E“ um Haftungsfragen gehe – und man merke, dass vermutlich noch weitere Rechtsänderungen auf Bundesebene erforderlich werden. Laut Frölich darf der Abbau von Standards nicht zu Mehrbelastungen der Kommunen führen: „Es darf beispielsweise nicht sein, dass die Stadt eine neue Feuerwehrdrehleiter kaufen muss, weil bei Neubauten der zweite Rettungsweg nicht mehr vorhanden ist.“

„Diese Änderung der NBauO kann allenfalls ein Anfang seitens der Landesregierung sein, um den Wohnungsbau sowie die Sanierung und den Umbau anzukurbeln“, meint Christian Frölich (CDU). | Foto: Plenar-TV/Screenshot: Link

Die CDU sei dafür, ergänzend zu den Vorschlägen von Lies auch energetische Standards abzusenken. So richtig der Wechsel zu Erneuerbaren Energien sei, so unangemessen sei es, bei der Wärmedämmung noch die geringste Einsparung beim Stromverbrauch vorzugeben – wenn dies am Ende zu viel höherem Aufwand an Instandhaltung und Reparatur nach sich ziehe. Außerdem seien weitere Förderungen für Bauwillige notwendig – beispielsweise über eine reformierte N-Bank, die mehr Instrumente zur Belebung der Bauindustrie anbieten könne. Der AfD-Abgeordnete Omid Najafi sagte, die Flaute beim Wohnungsbau liege weniger an den Bauvorschriften als vielmehr an den hohen Preisen. Hier müsse man ansetzen.

Dieser Artikel erschien am 22.4.2024 in Ausgabe #074.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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