Zwei Wochen ist es her, dass eine gemeinsame Initiative von Wirtschaft, Kommunen und verschiedenen Interessenverbänden laut protestiert hat: Die Mitteilung von Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) aus dem Sommer, das Land werde die Landesbeteiligung an Breitbandausbau im kommenden Jahr einstellen, sei verheerend und müsse revidiert werden. Gestern gab es in Osterholz einen „Breitbandgipfel“ mit Vertretern der Branche. Dabei wurden die Forderungen an die Adresse der Landesregierung noch einmal unterstrichen. Inzwischen nun gibt es Hinweise darauf, dass sich in der Finanzierung etwas bewegt. Die Wunschvorstellung der Kommunen und Wirtschaftsverbände war, dass das Land jährlich wie bisher 120 Millionen Euro bereitstellt. Nach einem Spitzengespräch, das der Präsident des Landkreistages, Sven Ambrosy, vor zehn Tagen mit Lies führte, gibt es nun verschiedene Darstellungen. Es heißt, dass das Land noch einmal in die Haushaltstöpfe schaue und versuche, Möglichkeiten einer Ko-Finanzierung für 2024 und die Folgejahre auszuloten. Dabei soll aber eine Summe von 90 Millionen Euro erwähnt worden sein – das wären dann 30 Millionen Euro weniger als bisher. Ob das „Bündnis Glasfaserland Niedersachsen“ dies für ausreichend halten wird, ist allerdings nach gegenwärtigem Stand offen.
Die bisherige Finanzierung sieht so aus, dass Land und Bund je 25 Prozent der Kosten des Ausbaus tragen, der Bund die Hälfte. Wenn der Landesanteil fortfallen sollte, müssten die Kommunen ebenfalls die Hälfte der Summe aufbringen – wozu sich die Landkreise aber nicht imstande sehen. Es geht hier um Bereiche, die nicht zum „eigenwirtschaftlichen Ausbau“ gehören, also nicht zu den Flächen, die für private Investoren lukrativ sind und daher ohne staatliche Förderung auskommen. Betroffen sind bei der jetzigen Debatte vor allem jene „grauen Flecken“, die dünn besiedelt sind, einen hohen Investitionsaufwand erfordern, aber dann nur relativ wenige Nutzer erreichen. Anfang Oktober erklärte die IHKN-Geschäftsführerin Monika Scherf, dass in diesem Bereich die diskutierten Satellitenlösungen mit Übertragungstechnik nicht ausreichend und verlässlich genug seien. Wenn man Investoren zur Ansiedlung in strukturschwachen Gebieten überreden wolle, brauche man auch das Angebot eines Glasfasernetzes. Nun gibt es nach dem Gespräch von Ambrosy bei Lies, an dem auch andere Vertreter des „Bündnisses Glasfaserland“ teilgenommen haben, immerhin den Eindruck einer Offenheit des Wirtschaftsministers. Es heißt, dass er erstmalig eine „Förderlücke“ eingeräumt und damit die Notwendigkeit einer weiteren staatlichen Unterstützung deutlich gemacht habe. Damit ist aber noch nicht gesagt, wie viel Geld das Land zusteuern wird, für welchen Zeitraum das geschieht und wie sich die Förderbedingungen womöglich ändern werden. Ambrosy hatte Anfang Oktober bei diesem Thema „Gesprächsbereitschaft“ angekündigt.
Bei der Frage nach den Haushaltsmitteln gibt es nun mehrere Varianten. Möglich wäre, dass SPD und Grüne in ihrer „politischen Liste“ von Ergänzungsvorschlägen für den Etat 2024 einen Betrag für den Breitbandausbau einsetzen. Die Entscheidung darüber dürfte Anfang November fallen. Eine andere Variante wäre, dass bisher nicht ausgeschöpfte Mittel aus anderen Förderprogrammen (etwa aus dem Programm für Energiehilfen, die Unternehmen zukommen sollen) abgezweigt und für den Breitbandausbau umgesteuert werden. Ein solcher Schritt wäre aber nur möglich, wenn sich das gesamte Kabinett dem anschließt und auch der Finanzminister zustimmt. Weitere Mittel für das kommende Jahr könnten auch fließen, wenn der Haushaltsabschluss für 2023 festgestellt wird – wenn also die in diesem Jahr erwirtschafteten Haushaltsüberschüsse feststehen. Das dürfte allerdings nicht vor Mai soweit sein, die Verteilung der dann womöglich übrig gebliebenen Gelder könnte also frühestens im Juni oder Juli beschlossen werden. Dieser Weg dürfte für eine Fortsetzung des Breitbandausbaus in der ersten Jahreshälfte 2024 zu spät sein.
Der CDU-Abgeordnete Marcel Scharrelmann sagte gestern: „Die CDU-Fraktion sieht in der von der Landesregierung im Haushalt 2024 geplanten Streichung der Mittel für den Breitbandausbau einen besorgniserregenden Trend, bei dem Gelder in Sondervermögen angehäuft werden, während Landwirte und Unternehmen weiterhin von der digitalen Infrastruktur abgeschnitten bleiben. Das muss geändert werden.“