Niedersachsen sucht einen neuen Leiter der Landesvertretung in Berlin. Der Amtsinhaber Johannes Sturm scheidet aus dem Landesdienst aus – er geht wieder in die Bundesregierung. Die Nachfolgeregelung an der Spitze der Repräsentanz in Berlin soll nun von einer Änderung der Organisationsform begleitet werden. Wo bisher ein Mitarbeiter tätig war, sollen es künftig zwei sein.

Es gab Zeiten, da hatte Niedersachsen einen Staatssekretär als Leiter der Landesvertretung in Berlin – einen „Botschafter“, der die ganze Woche über in der Bundeshauptstadt residierte und quasi „das Gesicht Niedersachsens“ dort war. Helmut Holl war so jemand zu Gerhard Schröders Zeiten und später dann Wolfgang Gibowski für Christian Wulff oder auch Martina Krogmann (CDU) für David McAllister, danach kam Michael Rüter (SPD) für Stephan Weil. In jüngster Zeit aber, spätestens seit 2017, verzichtet die Landesregierung auf einen solchen Botschafter im Range eines Staatssekretärs. Ein Abteilungsleiter ist dafür zuständig – und darüber die Ministerin, die zwischen Hannover, Berlin und Brüssel pendeln muss. Nun steht der Landesregierung eine Neuorganisation dieses Bereichs bevor, denn der bisherige Abteilungsleiter Johannes Sturm, der 2020 von der Bundesregierung für die Leitung der Landesvertretung abgeordnet wurde, kehrt jetzt zurück in die Bundesregierung. Sturm war einst Büroleiter des Bundespräsidenten Joachim Gauck, er ist in Berlin sehr gut vernetzt. Warum sein Vertrag für Niedersachsen nicht verlängert wird, bleibt unklar. Im Gespräch für die Nachfolge von Sturm ist der bisherige SPD-Landesgeschäftsführer Axel Rienhoff.

Die Lösung der Nachfolgefrage berührt ein Grundproblem der Konstruktion. Denn für Ministerin Wiebke Osigus (SPD) gilt, was auch für ihre Vorgängerin Birgit Honé zugetroffen hatte – sie hat mehrere Aufgaben parallel, die kaum eine ständige Anwesenheit in Berlin möglich machen. Gerade diese ständige Präsenz in der Bundeshauptstadt ist es aber, was eine erfolgreiche Einwirkung niedersächsischer Interessen auf die Arbeit der Bundesbehörden ausmacht. So lassen sich Abmachungen zwischen einzelnen Ländern einfacher schließen, wenn der Leiter der Landesvertretung kurzfristig zu einem Termin kommen kann. Auch die Kontaktpflege nach Feierabend, immer noch wichtiger Teil für Absprachen und Strategieplanungen, wäre dann besser zu leisten.
Schon Ministerin Honé deutete wiederholt an, für die perfekte Pflege dieser Beziehungen nicht genug Zeit zu haben. Ihre Nachfolgerin hat den gleichen Zuschnitt übernommen. Das Ministerium teilt sich in drei Bereiche – zunächst die Vertretung der Niedersachsen-Interessen auf Bundesebene, was sich in der Rolle der „Bevollmächtigten des Landes beim Bund“ ausdrückt. Dazu gehört beispielsweise die Anwesenheit im Bundesrat. Dann die Europaangelegenheiten, die von der Förderpolitik über Auslandskontakte bis zur Betreuung der Vertretung in Brüssel erstrecken. Als dritte Säule kommt die Regionalförderung hinzu, dabei geht es etwa um die Förderpolitik für Kommunen und um die Aufsicht über die vier Landesämter für regionale Landesentwicklung.

Mit dem Haushaltsbegleitgesetz, dessen Entwurf die Regierungsfraktionen SPD und Grüne an den Landtag leiten, wird eine Änderung angepeilt: Die B6-Stelle des bisherigen Leiters der Landesvertretung, die Sturm innehatte, soll aufgeteilt werden. Geplant wird zunächst eine B6-Stelle des Leiters der Vertretung, der sich dann ganz auf die Außendarstellung, die Koordination der politischen Fragen und die Stellvertretung der Ministerin als Landesbevollmächtigte konzentrieren soll. Das heißt, dass sich Ministerin Osigus von dieser Person eine stärkere Entlastung versprechen kann. Davon abgekoppelt wird dann eine neue B4-Stelle, die mit der Leitung der Abteilung 3 im Europaministerium betraut wird, die Sturm bisher auch innehatte. Schwerpunkte dieser neuen B4-Stelle sind die Veranstaltungsplanung, die Öffentlichkeitsarbeit, die Liegenschafts- und die Personalverwaltung. Mit der Aufteilung der Sturm-Stelle in zwei Stellen entstehen jährliche Mehrausgaben von geschätzt 109.500 Euro.
Die Koalition plant im Gegenzug zur besseren Ausstattung der Landesvertretung allerdings auch eine Einsparung. Die bisher mit B6 besoldete Stelle des Vize-Regierungssprechers soll zurückgestuft werden. Künftig soll der Stellvertreter von Regierungssprecherin Anke Pörksen (B9) nur noch nach B3 und nicht länger nach B6 besoldet werden. Das würde jährlich zu Minderausgaben von 17.890 Euro führen. Zunächst jedoch kommt es zu Mehrausgaben von knapp 105.000 Euro jährlich, da der bisherige Amtsinhaber Gert Hahne (B6) weiterhin noch auf dieser Stelle tätig ist.