Darum geht es: Mit einer Novellierung des Jagdgesetzes will Rot-Grün bleihaltige Munition verbieten. Die Jägerschaft ist skeptisch. Ein Kommentar von Isabel Christian.

Wer in einem Gasthof schon mal den vom Hausherrn selbst erlegten Hasen bestellt hat, weiß, dass beim Essen Vorsicht geboten ist. Denn im Fleisch kann sich noch die ein oder andere Schrotkugel verbergen. Nicht schön, wenn man darauf beißt. Aber auch nicht gut, wenn nicht. Denn mit der Kugel sind auch Bleirückstände ins Fleisch selbst gelangt. Obwohl Blei in Lebensmitteln mittlerweile nur noch in geringen Konzentrationen zu finden ist, so nimmt der Mensch doch regelmäßig das giftige Schwermetall zu sich. Sei es über das Leitungswasser, das durch alte Bleirohre fließt, beim Verzehr von Fisch, der das Blei im Wasser aufgenommen hat, oder beim Essen von Obst, auf dem sich der von der Industrie in die Luft geblasene Bleistaub absetzt. Für den Körper ist es schwer, Blei wieder loszuwerden, es lagert sich in Knochen und Zähnen ab und kann das Nerven- und Herz-Kreislaufsystem nach und nach vergiften. Da das Blei auf so verschlungenen Wegen in die Lebensmittel gerät, ist es kaum möglich, Essen und Trinken komplett bleifrei zu halten.

Doch das darf nicht das Argument sein, bei der Jagd weiterhin an bleihaltiger Munition festzuhalten, frei nach dem Motto: „Das macht den Kohl jetzt auch nicht mehr fett“. Je weniger Blei überhaupt mit Lebensmitteln in Kontakt kommt, desto besser – und gerade bei der Jagd ist es relativ einfach, beides zu trennen. Jedoch kann das pauschale Verbot bleihaltiger Munition nur ein langfristiges Ziel sein. Erlässt man es sofort, können viele Jäger quasi nur noch durch die Röhre, also ihr Zielfernrohr gucken. Denn nicht für jedes Kaliber jeder zur Jagd genutzten Waffe gibt es auch schon die passende Munition aus bleifreiem Material. Und wo es welches gibt, sind die Risiken bei vielen Produkten noch hoch, dass das Tier leiden muss oder sogar das Leben der Jäger durch Querschläger in Gefahr gerät. In einer Versuchsreihe haben vor einiger Zeit Jäger bleihaltige und bleifreie Munition miteinander verglichen, indem sie damit sogenannte „ballistische Seife“ beschossen haben. Dieses Material ist Muskelgewebe ähnlich und macht es möglich, sich genau anzusehen, welche Wirkung die Kugel auf den Tierkörper hat. Die Versuche zeigten, dass Tiere vor allem dann leiden müssen, wenn der Jäger eine Waffe nutzt, die zu langsam ist, um dem zäheren bleifreien Geschoss genug Energie zu geben. Einige bleifreie Geschosse neigten auch dazu, zu zersplittern, sie konnten so ihre tödliche Wirkung nicht mehr voll entfalten. Zudem prallt manche Munition ohne den recht weichen Bleikern ganz anders vom Boden und der Umgebung ab als die Munition mit Blei. Gerade bei Treibjagden kann das Hunde und Jäger in Gefahr bringen.

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In der Jägerschaft ist die bleifreie Munition deshalb stark umstritten. Viele haben negative Erfahrungen gemacht, andere wiederum schwören darauf, dass die Munition genauso gut ist wie die bleihaltige. Ein Grund für diese Unterschiede dürfte sein, dass viele Geschosse auf den Markt kommen, ohne dass diese vorher gründlich im Labor auf ihre Wirkungsweise untersucht worden sind. Zwingt die Politik die Jäger also jetzt mit einem Verbot dazu, nur noch bleifreie Munition zu benutzen, so wäre das ein genauso unüberlegter Schnellschuss. Kurzfristig erfolgversprechender wäre es daher, erst einmal die Hersteller zu gründlicheren Kontrollen zu verpflichten. Bei den Jägern ist die Bereitschaft da, auf bleifreie Munition zu verzichten. Hier sollte die Politik zunächst besser auf eine freiwillige Selbstverpflichtung setzen. Wer gute Erfahrung mit bleifreier Munition gemacht hat, wird sie sicher nutzen. Die anderen könnten etwa dadurch überzeugt werden, wenn sie auf den Schießständen auch mit bleifreier Munition schießen müssen. Gibt es dann in einigen Jahren genug erprobte bleifreie Munition für alle Kaliber auf dem Markt, wird ein Verbot bleifreier Munition vielleicht gar nicht mehr nötig sein. Und wenn doch, so wird durch ein Verbot zumindest kein Jäger mehr ausgeschlossen werden. Egal, welche Waffe er nutzt.

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