14. März 2017 · Bildung

Bildungsgerechtigkeit: Der Wohnort entscheidet stark über den Abschluss

Das Schulsystem wird insgesamt zwar immer gerechter, aber die regionalen Unterschiede haben eine immer größere Bedeutung. Das geht aus dem aktuellen „Chancenspiegel“ hervor, der zusammen von Bertelsmann-Stiftung, TU Dortmund und Friedrich-Schiller-Universität Jena erstellt wird. Der Bildungsforscher Nils Berkemeyer von der Uni Jena stellte am Dienstag im Landtag der Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe Ergebnisse des aktuellen „Chancenspiegels“ vor. https://soundcloud.com/user-385595761/abi-oder-nicht-der-wohnort-entscheidet-mit Berkemeyer zufolge gibt es beim Schulangebot nicht nur große Unterschiede im Vergleich zwischen den Ländern, sondern auch zwischen den Kommunen. So kommen in Oldenburg auf eine Regelschule 1,2 Gymnasien, in Emden sind es lediglich 0,4. „Das ist ein wichtiger Faktor für die Frage der Bildungsgerechtigkeit. Die Angebotsstruktur erzeugt eine unterschiedliche Abiturientenquote. Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Berkemeyer. Auch die Differenz zwischen den Bundesländern sei größer geworden. „In einigen Bundesländern geht es in der Entwicklung eine Etage nach oben, in anderen drei Etagen. Für Kinder in Deutschland wird es immer bedeutsamer, in welchem Bundesland sie zur Schule gehen. Das ist ein unmittelbarer Auftrag an die Kultusministerkonferenz.“
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Der Erziehungswissenschaftler forderte auch, die Lehrerbildung zu verändern. Es werde nicht genug dafür getan, das Image des Lehrerberufs und die Aufgaben der Lehrer an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. „Es braucht eine gesellschaftliche Diskussion, was Schule eigentlich noch leisten muss. Die Vorstellung, in der Schule müsse vor allem Wissen vermittelt werden, stammt aus dem 18. Jahrhundert. Das Monopol auf Wissensvermittlung hat die Schule längst nicht mehr“, so der Bildungsforscher. Für ihn wird auch die Elternarbeit zu einem wichtigen Schlüssel. Die Beteiligung der Eltern werde künftig eine größere Rolle spielen. https://twitter.com/BertelsmannSt/status/837259775712890881 Berkemeyer kritisierte im Landtagsausschuss auch den Umgang der Kultusministerien in den Ländern mit den Daten und warf ihnen Intransparenz vor. „Die Kollegen, die über die Daten entscheiden, sollten noch einmal einen Grundkurs zur politischen Bildung machen. Diese Daten gehören der Öffentlichkeit. Intransparenz ziemt sich nicht für eine Demokratie“, stellte der Bildungswissenschaftler fest. Die Kultusministerkonferenz habe entschieden, dass Bundesländervergleiche nur nach Genehmigung stattfinden dürften. „Es ist doch irritierend, dass Vergleiche nur nach politischem Willen erlaubt sind. Das ist immer ein schlechtes Zeichen, wenn man etwas nicht wissen will. Etwas nicht wissen zu wollen ist keine Paradedisziplin von Demokraten“, so Berkemeyer. https://soundcloud.com/user-385595761/knifflig-die-sache-mit-der-unterrichtsversorgung Privatschulen seien in den Daten des Chancenspiegels nicht enthalten, dabei sei die Entwicklung in diesem Bereich besonders relevant. „Das Privatschulwesen boomt und es ist besonders geschützt. Es muss allerdings gefragt werden, ob durch den Boom die Trennung von sozialen Gruppen verstärkt wird“, so Berkemeyer. Die Bundesländer müssten das Monitoring bei diesem Thema unbedingt ausbauen.   Lesen Sie auch: Holpriger Start für Mini-Computer an Grundschulen Unterrichtsversorgung bei 98,9 Prozent – theoretisch  
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #50.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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