Thomas Oppermann (66), Bundestagsvizepräsident aus Göttingen, ist überraschend gestorben. Der SPD-Politiker brach nach Fernsehaufnahmen am Sonntagabend zusammen und verstarb später im Krankenhaus. Die Nachricht schockierte politische Freunde und Gegner.

Starb im Alter von 66 Jahren: Der SPD-Politiker Thomas Oppermann – Foto: Gerrit Sievert

Oppermann galt stets als leidenschaftlicher Streiter und Diskutierer, wurde für sein faires Verhalten und seine bestechenden Argumente geschätzt. Der Jurist, der in der SPD zu den Pragmatikern gerechnet wurde, stammte aus kleinen Verhältnissen, arbeitete in den siebziger Jahren als Freiwilliger bei Aktion Sühnezeichen in den USA, studierte Jura in Göttingen, wurde Verwaltungsrichter und Rechtsdezernent in Hann. Münden, bevor er 1990 für die SPD in den Landtag kam.

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Schon bald beeindruckte er nicht nur durch sein smartes, rhetorisch angenehmes Auftreten, sondern auch dadurch, dass er sich oft den Luxus einer eigenen Meinung leistete. So warb er, als Minderheitsmeinung, in einer Enquetekommission für die Eingleisigkeit in der Kommunalverfassung. Erst Jahre später wurde das dann auch Gesetz.

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Als junger Abgeordneter schrieb Oppermann gemeinsam mit Sigmar Gabriel Papiere, die von 1994 an den Reformgeist in der zunehmend behäbig wirkenden SPD-Alleinregierung unter Gerhard Schröder beleben sollten. Beide schufen sich damit parteiintern viele Gegner, ebneten aber ihren Aufstieg.

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Oppermann wurde 1998 niedersächsischer Wissenschaftsminister, sein neues Hochschulgesetz ermöglichte die Einrichtung von Stiftungsuniversitäten. Die vielen Gremien, umständlichen Entscheidungswege und langwierigen Abstimmungen schwächten die deutschen Unis im Vergleich zu Elite-Einrichtungen in den USA, meinte er damals. Kritik an diesem Modell kam vor allem aus seiner eigenen Partei.

Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler würdigte Oppermann. Dieser habe wie kaum ein anderer die Wissenschafts- und Kulturpolitik im Land geprägt – sowohl als Minister als auch später als Abgeordneter des Deutschen Bundestags. „Sein Verständnis dafür, wie bedeutend das eigenverantwortliche Handeln der Hochschulen ist, prägt die niedersächsische Wissenschaftspolitik bis heute. Diese starke Stimme für Wissenschaft und Kultur wird uns allen fehlen“, erklärte Thümler.

https://twitter.com/NdsLandesReg/status/1320658890879619075

Oppermann hat später rückblickend gesagt, seine Zeit als Wissenschaftsminister sei wohl die schönste in seiner politischen Laufbahn gewesen. Dabei stand die eigentliche Karriere noch bevor. 2005 ging er in den Bundestag, zwei Jahre später war er erster Parlamentarischer Geschäftsführer, 2013 stieg er zum Fraktionschef auf, 2017 zum Bundestagsvizepräsidenten.

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Der Landespolitik blieb er stets verbunden, 2008 schrieb er wieder ein aufrüttelndes Papier zum Zustand der Landes-SPD, diesmal zusammen mit Stephan Weil, dem damaligen OB von Hannover. Das ebnete dann Weil den innerparteilichen Aufstieg. Weil reagierte tief bestürzt auf den Tod seines Freunde. „Wir waren seit dem ersten Semester sehr enge Freunde und dementsprechend fühle ich mich. Thomas Oppermann hatte immer ein tiefes, ehrliches Engagement, unsere Gesellschaft besser zu machen. Und das ist ihm an vielen Stellen auch gelungen“, erklärte Weil.

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Gern wäre Oppermann auch Bundesminister geworden, zweimal stand er kurz davor. Anfang 2017, als Gabriel neuer Außenminister wurde, hätte er das Wirtschaftsressort übernehmen können – doch er lehnte ab. Nach der Bundestagswahl 2017 war Oppermann erneut als möglicher neuer Bundesminister im Gespräch, aber parteiintern wurde Hubertus Heil bevorzugt, offenbar wohl auch, um eine andere Kandidatin aus Rheinland-Pfalz als Arbeitsministerin zu verhindern. Die deutsche Politik verliert mit Oppermann einen klugen und aufrichtigen Volksvertreter.