26. Mai 2020 · Finanzen

Bei der Grundsteuer-Reform warten die Niedersachsen auf ein Signal aus München

In der niedersächsischen Regierungskoalition wird gerade hinter den Kulissen heftig gerungen um die Frage, wie man am besten den Kommunen über den Berg helfen sollte – denn diese haben, ebenso wie die Länder und der Bund, mit erheblichen Steuerausfällen zu kämpfen. Während es in der SPD Sympathien für den Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gibt, ein großes Bund-Länder-Programm zur Entlastung der Kommunen von ihren Altschulden aufzulegen, werden aus der CDU Überlegungen laut, die Steuerverbundquote im Kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen – also den Anteil an bestimmten Steuereinnahmen des Landes, der an die Kommunen überwiesen wird. Diese Streitfragen mischen sich nun mit einer anderen, ebenfalls bisher nicht entschiedenen Frage: Welches Modell wird Niedersachsen auswählen, damit die Kommunen vom Jahr 2025 an wieder Grundsteuer kassieren können? https://www.youtube.com/watch?v=NgSdCeECzNA&t=5s Der Sprecher von Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) ließ sich gestern in der Deutschen Presse-Agentur mit der Aussage zitieren, gerade werde in Niedersachsen ein „eigenes Modell“ für die Grundsteuer in Gesetzesform gegossen, also eine vom Bundesmodell abweichende Variante. Das entspricht seit vielen Monaten der Linie von Hilbers, der 2019 einen eigenen Vorschlag für die Grundsteuer entwickelt hatte: Maßgebend sollen die Grundstücksfläche und der Grad der Bebauung des Grundstücks sein, ergänzend sollen verschiedene Abstufungen innerhalb einer Kommune hinzukommen – also höhere Besteuerung in Top-Lagen, geringere in weniger vorteilhaften Gebieten. Die SPD in der niedersächsischen Koalition hatte allerdings wiederholt zu erkennen gegeben, dass man dem Bundesmodell zuneigt. Dieses sieht vor, den Wert der Grundstücke genauer zu ermitteln – über den Bodenwert, das Alter der Gebäude und die Mieteinkünfte. Der Nachteil dieses Bundesmodells ist die sehr aufwendige, wohl Jahre in Anspruch nehmende Berechnung von bundesweit 35 Millionen Grundstücken – ein Vorhaben, das die Steuerverwaltung über Jahre binden dürfte. Der Vorteil ist, dass der Grundstückswert als Besteuerungsgrundlage dann genauer feststehen würde. Gestern hieß es aus der Landesregierung, dass eine Verständigung in der Koalition keineswegs schon feststehe – im Grunde bleibe weiter „alles offen“.
Die Zeit drängt. Zwar wird die neue Grundsteuer erst ab 2025 wirksam, aber das muss vorbereitet werden durch neue Gesetze und Regeln für die Finanzverwaltung.
Eine andere Aussage des Hilbers-Sprechers lautet, man wolle die Entwicklung des Grundsteuermodells in Bayern zunächst abwarten, da dieses „die Basis der Fortentwicklung des Modells in Hessen und Niedersachsen“ sei. Ein Sprecher des bayerischen Finanzministeriums sagte gestern auf Rundblick-Anfrage, er könne gegenwärtig „überhaupt nicht abschätzen, wann wir unseren Gesetzentwurf fertig haben“. Thomas Eigenthaler, der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft als Interessenvertretung der Finanzbeamten, sagte gestern dem Rundblick: „Die Zeit drängt. Zwar wird die neue Grundsteuer erst ab 2025 wirksam, aber das muss vorbereitet werden durch neue Gesetze und Regeln für die Finanzverwaltung.“ Wenn Niedersachsen auf das Bayern-Modell warte, könne das ja eigentlich nur heißen, dass sich auch Bayern dem Hilbers-Vorschlag anschließt, wofür bisher laut Eigenthaler allerdings nichts spreche. Bayern will bisher lediglich die Grundstücksfläche zum Maßstab für die Steuer erklären, nicht aber nach der Wertigkeit der Lagen differenzieren. Baden-Württemberg hat wieder einen anderen Weg eingeschlagen – dort ist der Bodenrichtwert verbindlich, also der Wert des Grundstücks. Die Bebauung soll in dem baden-württembergischen Modell ausgeklammert werden. Der FDP-Finanzpolitiker Christian Grascha erklärte gestern, man brauche eine „einfache und unbürokratische Lösung“. Diese könne in einem reinen Flächenmodell (wie bisher in Bayern angepeilt) bestehen. Wenn man den Wert der Lage hinzuziehe, treibe das die Wohnkosten in Ballungsräumen in die Höhe – und das sei ein Fehler.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #099.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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