8. Apr. 2024 · 
Inneres

Behrens fordert: Bundesländer müssen eigene Tempolimits festlegen dürfen

Eine zu hohe Geschwindigkeit bleibt auch im vergangenen Jahr neben Vorfahrtsmissachtung, Fehlern beim Abbiegen und zu geringen Abständen die Hauptursache für Verkehrsunfälle in Niedersachsen. Innenministerin Daniela Behrens fordert daher mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Länder, wenn es darum geht, Geschwindigkeitsbeschränkungen in bestimmten Zonen mit erhöhtem Unfallaufkommen zu erlassen. Die SPD-Politikerin wirft Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in dieser Angelegenheit Sturheit vor. Das Straßenverkehrsrecht sei sehr streng und biete kaum Spielräume.

Angesichts hoher Verkehrsunfallzahlen werden in Niedersachsen die Rufe nach Tempolimits lauter. | Foto: GettyImages/Sven Loeffler

Niedersachsen sei als großes Flächenland mit vielen Landstraßen und einer hohen Anzahl an Baumunfällen aber besonders betroffen. Allein im vergangenen Jahr sind laut Statistik 111 Menschen auf diese Weise gestorben, also jeder vierte Unfalltote in Niedersachsen ist von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Insbesondere in den Flächenlandkreisen mit vielen Baumalleen sei dies ein großes Problem, so Behrens. Dass verkehrsberuhigte Zonen helfen könnten, die Unfallzahlen zu verringern, belegt aus Sicht der Innenministerin ein Modellprojekt, das sie noch aus ihrer Zeit als Staatssekretärin im Verkehrsministerium kenne. Geschwindigkeitsbeschränkungen und der Bau von Leitplanken hätten damals die Gefahr, bei einem Verkehrsunfall zu versterben, deutlich verringert. Leitplanken fördere das Verkehrsministerium zwar noch immer, für die dauerhafte Tempodrosselung in Risikogebieten müsste aber zuerst die Bundesregierung tätig werden. „Ich halte das für sehr geboten“, sagte Behrens.

Die Ministerin äußerte sich in dieser Angelegenheit bei der Vorstellung der aktuellen polizeilichen Verkehrsunfallstatistik für Niedersachsen. Folgende Ergebnisse hob sie dabei hervor:

Kein Corona-Effekt mehr

Die steigende Tendenz bei den Unfallzahlen setzt sich seit 2021 kontinuierlich fort und erreicht fast wieder das Niveau aus der Zeit vor der Corona-Pandemie, während derer es aufgrund des verminderten Verkehrsaufkommens auch weniger Unfälle gegeben hatte. Rund 213.000 Unfälle erfasste die Polizei im vergangenen Jahr, das sind 6,4 Prozent mehr als 2022. Die Zahl der Verkehrstoten stieg in Niedersachsen 2023 um 54 auf insgesamt 424. Damit liegt die Gesamtzahl nur noch zwei Prozent unter dem Vor-Corona-Wert von 432 Toten im Jahr 2019.

Quelle: MI

Risikogruppen im Fokus

Laut Statistik leben drei Gruppen im Straßenverkehr besonders gefährlich: ältere Menschen, Radfahrer und Fußgänger. Während die Zahl der Kinder und jungen Erwachsenen, die im Straßenverkehr gestorben sind, rückläufig war, sind im vergangenen Jahr 141 Senioren auf Niedersachsens Straßen umgekommen. Die Hälfte der Getöteten war mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs, 23 fuhren mit einem Pedelec und 49 nutzten ein Auto, als sie zu Tode kamen.

Insgesamt ist die Zahl der getöteten Fußgänger 2023 um über ein Drittel auf 53 Menschen angestiegen, die Zahl der tödlich verunglückten Radfahrer stieg um 22 Prozent auf 71 Opfer. Mehr als die Hälfte der getöteten Radfahrer trug laut Polizeistatistik keinen Helm, der sie vor Kopfverletzungen nachweislich hätte schützen können. Die Zahl der getöteten Motorradfahrer stieg kaum an.

Cannabis künftig in Statistik

Niedersachsen wird ab sofort Cannabiskonsum als Ursache für Verkehrsunfälle in der Statistik gesondert erfassen. Bislang geschieht dies nur versteckt in der Kategorie „andere berauschende Mittel“, die neben Alkohol ausgewiesen wird. Aktuell werde geprüft, inwiefern sich der Cannabis-Anteil aus den Vorjahresstatistiken ermitteln lässt, um rückblickend eine Vergleichbarkeit herstellen zu können. Behrens erwartet nach der Teil-Legalisierung nun einen Anstieg der Verkehrsunfälle aufgrund von Cannabis-Konsum und warnt vor Experimenten im Straßenverkehr.

Derzeit gilt ein Verkehrsteilnehmer ab einem Nanogramm THC im Blut als nicht mehr verkehrstüchtig. Eine Expertengruppe der Bundesregierung möchte diesen Wert auf 3,5 hochsetzen. „Der Wert darf nicht angehoben werden, das lehne ich strikt ab“, sagte Behrens. Die Entscheidung dürfe keine politische sein und die Expertengruppe des Bundes sei für Niedersachsen „nicht das Maß der Dinge“, meinte die Ministerin.

Dieser Artikel erschien am 9.4.2024 in Ausgabe #065.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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