Befürworter von Erdgas-Autos sehen sich politisch ausgebremst
Der Autokonzern Volkswagen legt den Fokus derzeit stark auf die Elektromobilität. Für Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann sollten aber auch Alternativen wie der Erdgasantrieb (CNG) in den kommenden Jahren nicht aus den Augen verloren werden. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre werden sowohl Erdgas- als auch Benzin- und Dieselmotoren eine Rolle spielen“, sagte Althusmann dem Politikjournal Rundblick. Notwendig ist Althusmanns Worten zufolge ein Antriebsmix.
Im Umweltministerium heißt es, langfristig liege die CNG-Technologie und die dafür nötige Infrastruktur nicht im Fokus der angestrebten Verkehrswende, weil sie nicht auf erneuerbaren Energien basiere. Die CNG-Mobilität könne allerdings eine Brückentechnologie darstellen, um derzeit die Lücke zwischen fossilen Treibstoffen und batterieelektrischer und brennstoffzellen-elektrischer Mobilität zu schließen. Positiv sei auch, dass zunehmend Biomethan und andere aus erneuerbaren Energien gewonnenen Gase eingespeist würden, sodass die CNG-Technologie zunehmend „grüner“ werde. Im Umweltministerium hält man den Erdgasantrieb vor allem für den Lastwagen-Sektor für interessant. Experten halten Elektroantriebe für Lastwagen mittelfristig für unrealistisch, weil die Batterien dafür viel zu groß und schwer wären.
CNG ist politisch nicht gewollt, dabei gibt es zum Beispiel in Hannover optimale Bedingungen. Wenn es hier nicht funktioniert, wo sollte es dann sonst funktionieren?
Jens Voshage vom CNG-Club hält die Zurückhaltung von Politik und Wirtschaft beim Thema Erdgasfahrzeuge für einen Fehler. „CNG ist politisch nicht gewollt, dabei gibt es zum Beispiel in Hannover optimale Bedingungen. Wenn es hier nicht funktioniert, wo sollte es dann sonst funktionieren?“, fragt Voshage. Allein in der Landeshauptstadt gebe es sechs CNG-Tankstellen, bundesweit sind es etwa 1000. In Italien führen zehn Mal mehr CNG-Fahrzeuge, obwohl es dort die gleiche Tankstellendichte wie in Deutschland gebe. Und in Frankreich erwartet Voshage einen deutlichen Ausbau des Tankstellennetzes, weil im Nachbarland gerade große Lastwagen-Flotten auf CNG umgestellt würden. Das werde dort automatisch auch zu Verbesserungen in der Tankstellen-Infrastruktur führen.
„Super Credits“ für E-Autos
Vor wenigen Wochen stritten die Köpfe der Autobranche darüber, wie technologieoffen man in den nächsten Jahren sein will. Während es dabei aber vor allem um die Frage Batterie- oder Wasserstoffantrieb ging, sieht Voshage auch den Erdgasantrieb als wichtige Technologieoption. Er ärgert sich darüber, dass die Politik die E-Mobilität schönrechnet. Um das Ziel von 95 Gramm CO2 pro Kilometer zu erreichen, dürfe Volkswagen ab 2021 einen großen Touareg-SUV (203 Gramm) sowie einen E-Golf (offiziell null Gramm) verkaufen und erreiche so den geforderte Durchschnitt. Allerdings stehe die Null beim Elektro-Golf durch den aktuellen Strommix nur auf dem Papier.
Zudem erhalten E-Autos einen Bonus, sogenannte „Super Credits“. Sie fließen in die CO2-Berechnung mit dem Faktor 1,3 ein. Für Voshage kommt bei Volkswagen nur ein Auto auf ehrliche Weise – ohne Politik-Bonus – auf die geforderten 95 Gramm CO2 pro Kilometer. Es handele sich um den Golf mit CNG-Antrieb. Sinnvoll wäre es seiner Ansicht nach, wenn die Gesetzgebung das Tanken von Biomethan, das mit Hilfe regenerativer Energie oder aus Abfällen gewonnen werden kann, steuerlich positiv berücksichtigen würde.
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Wenn Volkswagen-Chef Herbert Diess bis zum Jahr 2030 genau 40 Prozent E-Autos verkaufen wollte, bedeute das, dass die übrigen 60 Prozent immer noch mit Benzin- und Dieselmototoren die Werkshallen verlassen sollten. Für die Pariser Klimaziele sei das kontraproduktiv, meint Voshage. Statt den CO2-Ausstoß erst kurz vor dem Jahr 2050 ruckartig Richtung Null zu führen, wäre es nach Ansicht des CNG-Experten wesentlich besser, schon vorher den Ausstoß sukzessive zu senken. Die CNG-Technologie hat die Politik dabei aber offensichtlich nicht oben auf der Agenda. „Das Erdgas-Auto hat in der Elektro-Planwirtschaft keine Zukunft“, hieß es kürzlich in der Überschrift eines großen Online-Magazins.