Bauern-Blockaden sollen bessere Preise erzwingen
Mit bundesweiten Trecker-Blockaden versucht das Bauern-Protestbündnis „Land schafft Verbindung“ (LsV) den Lebensmitteleinzelhandel unter Druck zu setzen. In der Nacht von Sonntag auf Montag versperrten Landwirte im gesamten Bundesgebiet die Zufahrten zu Lagerhallen. Die Schwerpunkte der Protestmaßnahmen lagen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern, wie die Organisatoren bekanntgaben. In Niedersachsen wurden etwa in Lauenau, Weihe und Salzgitter die Lagerzufahrten von Edeka und Aldi blockiert.
„Manchmal reicht es nicht aus, zu Tisch zu bitten, dann müssen wir fordern“, sagte Dirk Koslowski, der aktuelle Frontmann von LsV Niedersachsen, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Er spielt damit auf das Motto der Bauernbewegung an, das lautet „Wir rufen zu Tisch“. Man müsse nun die Bereitschaft erzwingen, die Probleme auf dem „kooperativen Weg“ zu lösen, sagte Koslowski.
„Wir sind mit den Ketten seit geraumer Zeit im Gespräch, um ein Bekenntnis zur regionalen Landwirtschaft zu erreichen.“ Doch offenbar führten die Gespräche nicht unbedingt zu der erhofften Besserung. Die Lebensmittelpreise seien im Einzelhandel zwar angestiegen, berichtete der LsV-Sprecher. Das begründeten die Ketten mit der Corona-Situation. Doch bei den Erzeugern komme diese Preiserhöhung gar nicht an. „Der Lebensmitteleinzelhandel schneidet sich ein immer größeres Stück vom Kuchen ab.“
Bauern fordern Bekenntnis zur regionalen Landwirtschaft
Die Bauernbewegung hat den Konzernen nun eine Frist bis zum kommenden Sonntag gesetzt. Bis dahin sollen alle Marktpartner an den Verhandlungstisch kommen und sich klar zur regionalen Landwirtschaft bekennen. LsV fordert ein Programm zur besseren Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln. Der Fokus solle dabei auf der Förderung regionaler Waren liegen. „Die Erzeugung von Lebensmitteln ist hierzulande reglementiert mit Auflagen, die Geld kosten. Wir machen das gern, aber das muss dann auch bezahlt werden“, sagte Koslowski im Rundblick-Gespräch.
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Als Beispiel führte er die Abschaffung der Käfighaltung von Legehennen an. Als dieses Verbot in Deutschland beschlossen wurde, habe man die Legebatterien hier abgebaut und in Osteuropa wieder aufgebaut. Nun kämen Lastwagen voll mit Eiern zurück nach Deutschland, die Produkten würden dann in einer deutschen Fabrik weiterverarbeitet und bekämen so die Kennzeichnung als ein deutsches Erzeugnis. Bei Rohprodukten ist so etwas nicht möglich, bei weiterverarbeiteter Ware allerdings schon. Gegen ein solches Vorgehen, das den Marktwert regionaler Produkte senkt, richtet sich der Protest der Landwirte.
Verhandlungsführer auf Seiten der Bauernbewegung sollen bundesweit organisierte Arbeitsgruppen sein, berichtete Koslowski. Man habe sich nach Kompetenzen aufgeteilt, die Experten für das Kaufmännische sollen nun die Gespräche mit dem Lebensmitteleinzelhandel führen.
LsV setzt auf Zweckbündnisse für Aktionen
Erst vor fast genau einem Jahr hat sich die Bauern-Protestbewegung „Land schafft Verbindung“ gebildet. Im Oktober 2019 machten sie erstmals mit ihren großen Traktor-Sternfahrten auf sich aufmerksam. In der Zwischenzeit hat sich die Bewegung mehrfach gewandelt und ist zu einem entscheidenden Akteur in der deutschen Agrarpolitik geworden. Beim Agrargipfel im Bundeskanzleramt sitzen sie genauso mit am Tisch wie bei der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ oder beim „niedersächsischen Weg“.
Aufgrund der Erfahrungen in der Zukunftskommission, die nach dem Agrargipfel ins Leben gerufen wurde, haben die Landwirte nun ihre Strategie angepasst. Im September wurde auf Bundesebene von ihnen zu einem sogenannten „Tag der Verbände“ geladen, bei dem verschiedene landwirtschaftspolitische Akteure zusammengekommen waren. Ziel war es, Schnittmengen ausfindig zu machen, um gemeinsam geschlossen auftreten zu können. In der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ seien nämlich die Naturschutzverbände deutlich in der Überzahl, dreimal mehr Vertreter stellten diese als die Agrar-Verbände, berichtete Koslowski. „Wenn wir uns innerhalb der landwirtschaftlichen Organisationen nicht einig werden, wird es schwierig, sich durchzusetzen“, sagte der LsV-Sprecher, der fürchtet, dass die Naturschutzverbände bereit wären, die deutsche Landwirtschaft ihren grünen Plänen zu opfern. Zur Blockade des Lebensmitteleinzelhandels hat sich LsV daher nun erstmals mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zusammengeschlossen. Koslowski kündigte derartige Zweckbündnisse auch für weitere Aktionen an.