Niedersachsen will sich, falls die Große Koalition wie geplant zustande kommt, stärker als Logistikland profilieren und dafür das Tempo beim Autobahnausbau erhöhen. Konkret wurden in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU in Hannover acht Bauprojekte vereinbart, die das Seehafenhinterland stärken und künftig mit Hochdruck vorangetrieben werden sollen. Das erfuhr der Rundblick aus Teilnehmerkreisen.

So frei werden die Autobahnen wohl auch nach den Baumaßnahmen eher nicht sein. – Foto: MB.

Niedersachsen wolle alles in seiner Macht stehende tun, um die Planungen für bessere Verkehrswege schneller voranzubringen. Dazu soll auf der Bundesebene auch das vom früheren Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geplante Beschleunigungsgesetz unterstützt werden, das eingeschränkte Klagemöglichkeiten für ausgewählte Verkehrsprojekte vorsieht. Eine rot-schwarze Landesregierung soll, wenn sie gebildet werden sollte, hier mit Nachdruck für entsprechende Schritte in den Bundes-Vorschriften werben.

Konkret hat die Arbeitsgruppe Wirtschaft, Verkehr, Energie und Digitales in ihrem Entwurf für den Koalitionsvertrag acht Projekte festgelegt. Neben den verkehrspolitischen Dauerbrennern, der Küstenautobahn A20 zwischen Westerstede und Drochtersen sowie dem Lückenschluss der Autobahnen A39 bei Wolfsburg und A 33 bei Osnabrück sollen auch die Autobahnen 7, 2 und 1 deutlich ausgebaut werden. So haben die Vertreter von SPD und CDU vereinbart, die A7 und die A1 landesweit mit sechs Fahrstreifen auszustatten und die A2 im Bereich Braunschweig und Hannover auf acht Fahrstreifen zu erweitern. Da diese Bauarbeiten wohl erst langfristig realisiert werden können, soll als Zwischenschritt die temporäre Freigabe der Seitenstreifen für einen besseren Verkehrsfluss sorgen. Auch die A 26 und die E233 von Cloppenburg nach Meppen sollen vergrößert werden.

Die Vereinbarungen entsprächen den Vorgaben des Bundesverkehrswegeplans, betonen Beteiligte der Koalitionsverhandlungen. Die Vertreter der Parteien hätten sich darauf verständigt, dass alle Projekte, die im Bundesverkehrswegeplan für Niedersachsen aufgelistet sind, von der neuen Koalition kräftig unterstützt werden. Maßgabe sei, mit den Planungen schneller voranzukommen als es bisher geschehen sei. Zwischen den beiden Leitern der Arbeitsgruppe, Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), habe dabei großes Einvernehmen geherrscht.

Abkehr von der Verkehrspolitik der Vorgängerregierung

Konkret stellen sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe Wirtschaft, Verkehr, Energie und Digitales vor, mehr Personal bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr einzustellen. Auch an Geld für Gutachten soll es nicht mangeln und notwendige Stellungnahmen schneller erteilt werden. Da der Bund die finanziellen Mittel für den Autobahnbau bereit stellt und das Land für die Planungen zuständig ist, könne man nur in vorbereitender Weise dabei helfen, das Tempo zu erhöhen.

Das Ziel sei es, dass es in der gerade begonnenen Legislaturperiode auf mindestens einem der acht Bauabschnitte der Küstenautobahn A20 sowie bei der A39 die Bauarbeiten beginnen. Nach Angaben der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr gehört die A20 in Niedersachsen mit einer Länge von rund 121 Kilometern, davon 114 Kilometer Neubaustrecke, neben der A39, der A14 in Sachsen-Anhalt und der A94 in Bayern zu den größten deutschen Neubauplanungen von Autobahnen. Das Bauvolumen bewege sich nach derzeitiger Schätzung in einer Größenordnung von rund 1,27 Milliarden Euro.

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In der Zeit der bisherigen rot-grünen Koalition im Landtag war die A20 ein Zankapfel. Zwar war ihr Bau im Koalitionsvertrag vorgesehen, doch das vom Bundesverkehrsministerium geplante Beschleunigungsverfahren, das auch die A20 betrifft, wollten die Grünen nicht mittragen. Niedersachsen enthielt sich daraufhin bei der Abstimmung in der Länderkammer im März. Die Verhandlungspartner der jetzt zu bildenden Großen Koalition dagegen wollen den Schwerpunkt auf Investitionen setzen, hieß es. Insofern gebe es eine bewusste Abkehr von der Verkehrspolitik der Vorgängerregierung.