Die Grünen im niedersächsischen Landtag befürchten eine Verschlechterung bei den Antibiotika-Kontrollen in der Landwirtschaft, sollte die Landesregierung künftig – wie geplant – die Kommunen mit dieser Aufgabe betrauen. Bislang ist für die Überwachung der Antibiotikagaben das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) zuständig. Eine Neuverteilung der Aufgaben sieht allerdings vor, die kommunalen Veterinärbehörden zuständig werden zu lassen. Die Grünen-Fraktion kritisiert diesen Schritt und bringt deshalb in dieser Woche einen Entschließungsantrag in den Landtag ein, der die angekündigte Aufgabenverlagerung verhindern soll.

Miriam Staudte, agrarpolitische Sprecherin der Grünen, unterstellt Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU), sie wolle die bislang erfolgreichen Kontrollen „zerschlagen“ und „ohne ersichtlichen Grund gewachsene und bewährte Strukturen zerstören.“ In der Nutztierhaltung werden Antibiotika präventiv über das Tierfutter verabreicht. Seit 2014 sieht das Arzneimittelgesetz allerdings eine Verringerung der Antibiotika-Gaben vor – denn davon geht eine Gefahr für die Umwelt und auch für die Menschen aus. Ein Großteil des Wirkstoffs wird nämlich von den Tieren unverändert ausgeschieden und landet so schließlich in Form von Gülle oder Gärreste als Dünger auf den Feldern. Von der sickern die Wirkstoffe in den Boden ein und gelangen auch ins Grundwasser. Schlimmstenfalls können dadurch Resistenzen entstehen. Das bisherige Vorgehen des Landes hat eine Halbierung der Antibiotika-Menge in der Tierhaltung bewirkt.

Doch wieso möchte die Landesregierung die Antibiotika-Kontrollen an die Kommunen delegieren? Nachdem Medien über die bevorstehende Neuordnung der Aufgaben berichtet hatten, erläuterte die Landesregierung im Oktober vergangenen Jahres auf Anfrage der Grünen die Gründe für den bevorstehenden Schritt. So habe man sich im Koalitionsvertrag 2018 darauf verständigt, einen „ergebnisoffenen Dialog“ zur Aufgabenverteilung zwischen Laves und den Kommunen zu führen. Dabei sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass die allermeisten Aufgaben so verteilt bleiben können wie bislang.

Ein Aufgabentausch sei jedoch sinnvoll: Die kommunalen Veterinärämter sollten die Überwachung von Tierversuchseinrichtungen und Zirkusbetrieben an das Land abgeben und erhielten dafür im Gegenzug die Zuständigkeit für die Antibiotika-Kontrollen. Vorbereitet werden soll dieser Schritt nun in diesem Jahr, die Umsetzung ist für den Jahresbeginn 2022 vorgesehen. Begründet wird das auch damit, dass es den kommunalen Veterinärbehörden künftig möglich sein soll, einen Gesamtblick auf einen landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten. Denn abgesehen von der Überwachung der Antibiotika-Minimierung sind die Kommunen bereits für die Überwachung der Tiergesundheit, des Tierschutzes, der allgemeinen Tierarzneimittel und der Lebensmittel zuständig.

Die Grünen sehen jedoch genau in dieser Zusammenlegung eine Gefahr. Sie sind der Auffassung, die Kommunen seien bereits durch die vielen Kontrollaufgaben in der Tierhaltung und bei Schlachthöfen überfordert. Auf eine frühere Anfrage der Grünen-Fraktion hatte die Landesregierung einräumen müssen, dass niedersächsische Betriebe nur durchschnittliche alle 20 Jahre mit Tierschutz-Kontrollen rechnen müssten. Erste Landkreise warnten bereits, dass ihnen das nötige Personal für die neuen Aufgaben fehle, erklärte Staudte. „Es droht das komplette Umstellungs- und Kontrollchaos. Insbesondere in der Geflügelmast ist die präventive Gabe von Antibiotika immer noch viel zu hoch.“ Staudte verweist auf Meldungen, wonach die Landkreise Cloppenburg und Vechta, in denen es besonders viele Vieh-Betriebe gibt, bereits einen vermehrten Personalbedarf angemeldet haben. Es wird befürchtet, dass bis zum Jahreswechsel nicht ausreichend neue Stellen bei den Kommunen eingerichtet sein könnten. Zudem bezweifeln die Grünen, dass die Veterinärämter die nötige fachliche Qualifikation aufweisen können, um eine gleichwertige Beratung anzubieten, wie das Laves bislang.

Beim Niedersächsischen Landkreistag (NLT) steht man allerdings zu der neuen Aufgabenabgrenzung, an deren Ausgestaltung die kommunalen Spitzenverbände beteiligt waren. NLT-Hauptgeschäftsführer Prof. Hubert Meyer erklärte auf Rundblick-Anfrage: „Es gilt nun, den Übergang gemeinsam zu gestalten und die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.“ Dazu zählt er auch die ausreichende finanzielle Ausstattung der kommunalen Veterinärbehörden sowie die Bereitstellung digitaler Schnittstellen. Eine unterschwellige Kritik der Grünen an der fachlichen Befähigung der Mitarbeiter der Veterinärbehörden weist der NLT jedoch zurück: „Unsere Bediensteten in den Veterinärämtern sind hochmotiviert und kompetent.“