Angeberwissen zur Landtagswahl
Am Sonntag gibt es „Butter bei die Fische“: Wer kommt in den Landtag mit welchem Ergebnis und wer muss die nächsten vier Jahre von draußen auf die Landespolitik schauen? In den vergangenen Jahrzehnten hat es dabei immer mal wieder Überraschungen gegeben, wie der Blick in die Statistik zeigt. Wir haben ein paar interessante Details zusammengetragen, mit denen sich im Smalltalk beim Warten auf das Endergebnis punkten lässt.
Dauerkicker
In der Statistik der deutschen Fußball-Geschichte ist der Verein HSV ist etwas Besonders. Nicht, weil er seit Jahren die Saison zuverlässig von den hinteren Tabellenplätzen der ersten Bundesliga aus bestreitet. Sondern weil er den Abstiegskampf bisher immer für sich entschieden hat. Denn der HSV ist der einzige Fußballclub, der die Bundesliga mitgegründet hat und noch nie abgestiegen ist. In der niedersächschsischen Landespolitik gibt es sogar zwei solcher Konstanten: SPD und CDU. Egal, wen der politisch-gesellschaftliche Zeitgeist im Laufe der Jahre ins und aus dem Parlament gespült hat; die Christdemokraten und die Sozialdemokraten saßen stets im Plenum. Die FDP gehörte zwar auch zu den ersten Parteien im 1947 neu gegründeten Landtag, doch sie scheiterte mehrfach an der Fünf-Prozent-Hürde.
Auf und Ab
Insgesamt viermal mussten die Liberalen außerhalb des niedersächsischen Landtags für ihre Interessen trommeln. Besonders geärgert dürfte sich die FDP im März 1998 haben, denn da verpasste sie den Einzug in den Landtag haarscharf mit 4,9 Prozent. 1970 und 1994 fiel das Ergebnis deutlicher aus, hier bekam die Partei jeweils nur 4,4 Prozent der Zweitstimmen. Ihr historisch schlechtestes Ergebnis von 4,2 Prozent der Zweitstimmen erreichte die FDP bei der Wahl im Juni 1978, nachdem liberale Abweichler zwei Jahre zuvor geholfen hatten, die SPD-FDP-Koalition zu stürzen und den CDU-Politiker Ernst Albrecht mithilfe eines Misstrauensvotums zum Ministerpräsidenten zu machen. Das beste Ergebnis waren dagegen 9,9 Prozent bei der Landtagswahl 2013.
Erst beim zweiten Anlauf
1978 war übrigens das Jahr, in dem die Grünen zum ersten Mal bei den Landtagswahlen antraten. Die Grünen, die damals noch unter dem Namen „Grüne Liste Umweltschutz“ firmierten, kamen mit 3,9 Prozent aber nicht in den Landtag. Bei den Wahlen vier Jahre später hatten ihre Ideen offenbar aber beim Wähler verfangen. Mit 6,5 Prozent der Stimmen zogen die Grünen nicht nur ins Parlament ein, sondern überholten sogar die FDP, die sich mit nur 5,9 Prozent zurück in den Landtag gekämpft hatte. Seit dieser Wahl 1982 sind die Grünen im niedersächsischen Landtag vertreten, meist konnten sie sieben oder acht Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Bei der vergangenen Landtagswahl machten die Grünen jedoch einen deutlichen Sprung nach oben: 13,7 Prozent holten sie in 2013.
Schicksalswahl
Ihr bisher bestes Ergebnis fuhr die SPD bei der Wahl im März 1998 ein. Damals kandidierte Gerhard Schröder gegen CDU-Herausforderer Christian Wulff. Doch für Schröder hieß der eigentliche Gegner nicht Wulff, sondern Lafontaine. In der SPD auf Bundesebene tobte zu der Zeit ein Machtkampf zwischen Schröder und Oskar Lafontaine. Wer sollte die Partei künftig anführen und welcher Flügel sollte dominieren? Schröder machte die Wahl in Niedersachsen zum entscheidenden Ereignis: Sollte er die Wahl gewinnen, so verkündete er, werde er als Kanzlerkandidat antreten. Die SPD holte bei der Wahl die Mehrheit von 47,9 Prozent – und Schröder forderte im Herbst darauf Altkanzler Helmut Kohl heraus.
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Absolute Spitze
Die CDU ist bis heute die einzige Partei in Niedersachsen, die bei einer Wahl die absolute Mehrheit stellte, weil sie über 50 Prozent der Stimmen bekam. Das war 1982. In diesem Jahr bestätigen die Wähler nicht nur Ernst Albrecht mit 50,7 Prozent der Stimmen zum zweiten Mal im Amt, sondern wiesen den SPD-Kandidaten Karl Ravens auch zum zweiten Mal zurück. Gleichzeitig galt die Wahl als Vorzeichen für ein Ende der sozialliberalen Koalition im Bundestag. Mit 19,9 Prozent im Jahr 1947 liegt der Negativ-Rekord der CDU übrigens unter dem der SPD. Die Sozialdemokraten mussten das Wahlergebnis von 2008 mit immerhin 30,3 Prozent der Stimmen als ihr historisch schlechtestes Ergebnis notieren.
Landespolitik? Find ich gut!
Das Interesse an Landtagswahlen in Niedersachsen war nicht immer so besorgniserregend wie in den vergangenen Jahren. Die Wahlbeteiligung war sogar im Schnitt ziemlich hoch. Von 1951 bis 1998 gingen zwischen 73 und 78 Prozent der Niedersachsen an die Urnen, wenn das neue Landesparlament gewählt wurde. Besonders hoch war die Wahlbeteiligung 1974, da gaben 84,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei der WAhl 2008 sah das leider ganz anders aus. Hier gingen nur 57,1 Prozent zur Wahl – die bisher schlechteste Wahlbeteiligung.
Ein mehr oder weniger kurzes Gastspiel
Prognosen zufolge werden nach dem 15. Oktober sechs Parteien im niedersächsischen Landtag sitzen. Alle Umfragen sehen die AfD und die Linken die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Es ist nicht das erste Mal, dass kleine Parteien neben FDP und Grünen in den Landtag einziehen. Mit den Jahrzehnten tummelten sich dort so einige Zwergparteien. Mit 17 Prozent immerhin drittstärkste Kraft wurde bei der ersten Landtagswahl 1947 die Deutsche Partei (DP), sie schaffte den Sprung ins Parlament noch zweimal (1955 und 1959). Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) saß dreimal (1947, 1951 und 1955) im Parlament, bis die Adenauer-Regierung sie 1956 bundesweit verbieten ließ. Auch die Deutsche Zentrumspartei (DZP) saß in diesen Legislaturperioden im Plenum. Auch der Gesamtdeutsche Block und der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten wurde dreimal in den Landtag gewählt, allerdings 1951, 1955 und 1959. Nur einmal rein kamen die Deutsche Soziale Partei (1951), die Sozialistische Reichspartei (1951), die NPD (1967) und die Linke (2008)