1. Juni 2024 · 
Landwirtschaft

Agrarpolitiker ringen um den richtigen Ansatz zur Unterstützung von Hofläden

Die rot-grüne Regierungskoalition hat sich vorgenommen, die regionale Wertschöpfung im Agrarbereich zu stärken, um der Monopolstellung des Lebensmitteleinzelhandels etwas entgegenhalten zu können. Insbesondere im ländlichen Raum sei der Wunsch weit verbreitet, die Lebensmittel direkt dort zu kaufen, wo sie produziert werden, heißt es im entsprechenden Entschließungsantrag. Die Koalitionsfraktionen wünschen sich, dass die bisherige Förderung der Direktvermarktung fortgeführt oder sogar ausgebaut wird. Erzeugungs- und Vermarktungszusammenschlüsse sowie regionale Verteilstellen und Schlachtbetriebe sollen unterstützt werden.

In Hofläden können Landwirte ihre Produkte direkt an den Kunden bringen. Doch das Geschäftsmodell geht nicht immer auf. | Foto: Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter

Rot-Grün möchte die Beratung von Hofläden-Interessenten ausbauen, denkt über eine Art Regionallabel nach und möchte Fördergelder noch gezielter für lokale Wirtschaftskreisläufe einsetzen. Zudem sollen bürokratische Hürden im Bereich der Hofläden abgesenkt, digitale Kartenzahlsysteme gefördert und Regionalität auch in den Kantinen Einzug halten. In der jüngsten Sitzung des Landtags-Agrarausschusses wollten die Fraktionen von SPD und Grünen ihren Antrag nun eigentlich zum Abschluss bringen, doch kurzfristig legte die CDU-Fraktion noch einen Änderungsvorschlag vor. Auf Grundlage der Expertenanhörung wollen die Christdemokraten den rot-grünen Antrag an einigen Stellen ausbessern.

In der Anhörung hatte beispielsweise Gerhard Schwetje von der Landwirtschaftskammer noch einmal die Bedeutung der Erzeugungs- und Vermarktungszusammenschlüsse betont. Es sei wichtig, dass gewisse Dinge gemeinsam gemacht oder gemeinsam genutzt würden. Zudem warb er dafür, dass nicht nur Investitionen gefördert werden sollten, sondern auch entsprechende Aus- oder Weiterbildungen, die der Direktvermarktung dienlich seien. Holger Beltz von der „Regionalbewegung Niedersachsen“ regte an, bestehende Regionallabels zu fördern, statt kompliziert neue zu entwickeln, bei denen dann die Abgrenzung zunächst schwerfiele. Eine Region müsse aber kleiner sein als das gesamte weite Land Niedersachsen. Beltz‘ Mitstreiter Peter Wogenstein meinte, bei den Kantinen sollte das Land Vorbild sein und selbst regionale Anbieter bevorzugen. Das sei nicht einfach, aber über Tricks wie den CO2-Fußabdruck könne Regionalität EU-konform eingefordert werden.

Gerhard Schwetje | Foto: LWK Niedersachsen/Henning Stauch

Christina Backhus vom Vorstand der „Norddeutschen Direktvermarkter“ verwies auf schwierige Zuständigkeitsverhältnisse zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium, die geklärt werden sollten. Sie appellierte, die Förderung auf Klein- und Kleinstbetriebe zu beschränken, wenn die Gelder knapp sind. Außerdem betonte sie die Notwendigkeit, „on the job“ weiterzubilden, um dem Fachkräftemangel begegnen zu können. Regionalsiegel bewertete sie kritisch, weil sie schnell zu Marketinginstrumenten des Handels verkommen, von denen die Erzeuger wenig haben.

Christina Backhus | Foto: VND

Ähnlich urteilte auch Carolin Grieshop vom Kompetenznetzwerk Ökolandbau die Idee, ein neues Regionallabel einzuführen. Derartige Label seien nie frei von Bürokratie, merkte sie an. Außerdem erklärte sie, dass regionale Bioprodukte sehr gefragt seien, der Markt sei stabil und die Stimmung weit besser als angenommen. Um die komplizierte Förderarchitektur zugänglicher zu machen, schlug sie vor, dass Wirtschafts- und Agrarministerium einen Förderlotsen abstellen sollten, um bei Förderanträgen für Hofläden zu helfen.

Carolin Grieshop | Foto: CDU

Der CDU-Vorschlag greift einige dieser Aspekte nun auf. So sollen bestehende Lücken in der Förderung, beispielsweise für die gewerblichen Bereiche, geschlossen werden. Antragstellung und Abrechnung sollen vereinfacht und besser aufeinander abgestimmt werden. Die CDU fordert zudem, die gesamte Förderung für Hofläden gebündelt bei einem Ministerium – Agrar oder Wirtschaft – anzusiedeln und zu prüfen, ob eine zentrale Ansprechstelle als Koordinator und Vermittler eingerichtet werden sollte. Die Landesregierung soll sich dafür einsetzen, Hürden beim Sozialversicherungs-, Steuer- und Gewerberecht, die einer Hofladen-Gründung im Wege stehen, abzubauen.

Konkreter wird die CDU noch bei den bürokratischen Hemmnissen: Werbeanlagen und Verkaufshütten sollen verfahrensfrei aufgestellt werden dürfen, Mehrfachkontrollen auf Betrieben vermieden und Auslegungen beim Bau- und Lebensmittelrecht vereinheitlicht werden. Beim Bund soll sich Niedersachsen zudem dafür einsetzen, etwa die Pflicht zur Nährstoffkennzeichnung für die Direktvermarktung abzuschaffen.

Dieser Artikel erschien am 3.6.2024 in Ausgabe #100.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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