16. Feb. 2020 · Justiz

Agrarministerium rügt: AfD wollte Tierschutz mit Ausländerfeindlichkeit verknüpfen

Ende März wird der Staatsgerichtshof, das höchste Gericht des Landes, über eine Klage der AfD entscheiden. Es geht um die Frage, ob Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) im August vergangenen Jahres im Landtag richtig gehandelt hat, als sie die Antwort auf eine Anfrage von AfD-Fraktionschefin Dana Guth zum „Schächten“ verweigerte. Die AfD hatte zunächst wissen wollen, in wie vielen Fällen es Ausnahmegenehmigungen für ein betäubungsloses Töten von Tieren (aus religiösen Gründen) im Jahr 2019 gegeben habe. [caption id="attachment_47507" align="alignnone" width="780"] Für die AfD traten der Landtagsabgeordnete Christopher Emden und die Rechtsanwältin Kathrin Baake auf, für die Landesregierung der künftige Staatssekretär im Agrarministerium, Prof. Ludwig Theuvsen - Foto: kw[/caption] Darauf hatte Otte-Kinast Auskunft gegeben. Die zweite Frage jedoch, um welchen Betrieb es sich handelte, der diese Genehmigung erhalten hat, blieb unbeantwortet. Man wolle den Namen nicht mitteilen, damit der Betrieb und die in ihm tätigen Personen nicht noch stärker angefeindet und angegriffen werden, erklärte die Ministerin damals. Die AfD sieht dies als Verstoß gegen Artikel 24 der Landesverfassung an, der bestimmt, dass die Regierung Landtagsanfragen „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ beantworten muss.
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Am Freitag nun wurde zwei Stunden lang vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg über die Klage verhandelt. Für die AfD traten der Landtagsabgeordnete Christopher Emden (Oyten) und die Rechtsanwältin Kathrin Baake auf, für die Landesregierung der künftige Staatssekretär im Agrarministerium, Prof. Ludwig Theuvsen. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, ob die Regierung richtig handelte mit Bezug auf eine Ausnahmebestimmung in Artikel 24, wonach sie dem Auskunftsverlangen „nicht zu entsprechen braucht“, wenn „schutzwürdige Interessen Dritter“ berührt sind. Theuvsen erläuterte dies so: Generell gebe es immer wieder Angriffe von militanten Tierschützern auf Schlachtbetriebe, das hätte auch hier gedroht. Das Unternehmen mache keine Werbung, sei vielmehr in einigen Moscheen bekannt, übe die Schlachtungen aber überwiegend auf konventionelle Art durch und könne durch eine Veröffentlichung von Daten Schaden erleiden. Spezielle Kenntnisse über Gefährdungen für diesen Betrieb habe man allerdings nicht, meinte Theuvsen auf eine Nachfrage von Gerichtspräsident Thomas Smollich. Die Erfahrungen führten aber das Ministerium zu einem vorsichtigen Verhalten.
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Die von der AfD beauftragte Anwältin Baake entgegnete, die „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ würden sich auf Umsatzzahlen und Preise beziehen und auf die Art, wie die Schlachtung geschieht. Da dies aber von der AfD im Landtag gar nicht gefragt worden sei, würden diese Interessen auch nicht tangiert. Emden ergänzte, die AfD wolle den Namen des Betriebes wissen, um im Nachhinein prüfen zu können, ob das betäubungslose Schächten korrekt angewandt wurde. Die Sorge vor militanten Tierschützern sei hier unbegründet, „denn zu solchen Gruppen hat die AfD gar keinen Kontakt“, betonte der Abgeordnete. Erfahrungen aus einem anderen Betrieb, der das Schächten vornimmt und namentlich bekannt ist, belegten diese Vermutung – dort sei neben einem „Shitstorm“ nicht mehr geschehen. Die Landesregierung stütze sich nur auf allgemeine Vermutungen, die in diesem konkreten Fall gar nicht belegt seien. Gerichtspräsident Smollich wies jedoch auf „die emotionalisierte Debatte“ über das Schächten hin, die von der AfD selbst befeuert worden sei, da sie in ihrer Kampagne „Mäh-too“ gefordert habe, dass Menschen, die nur Halal-Fleisch verzehren wollten, am besten das Land verlassen sollten. Theuvsen verstärkte diesen Hinweis noch, er meinte, die AfD habe im Kontext einer ersten Landtagsanfrage zum Schächten diese „Mäh-too“-Kampagne gestartet und damit „Tierschutz und Ausländerfeindlichkeit in einen Zusammenhang gebracht“. Emden entgegnete darauf, diese Kampagne sei ja längst nicht mehr am Laufen – woraufhin Smollich erwiderte, dass man die Internetseite weiter einsehen könne. Das Gericht könnte zu dem Schluss kommen, dass die aufgeputschte Debatte um Tierschutz und um Ausländerfeindlichkeit eine gefährliche Mischung sei, die die Landesregierung zu der berechtigten Prognose verleitet haben könne, dem betreffenden Betrieb ein „schutzwürdiges Interesse“ zuzuschreiben. Dieses könne dann als so überragend eingeschätzt worden sein, dass es das parlamentarische Auskunftsinteresse der AfD deutlich überragt.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #031.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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