„Die Massentierhaltung in Weser-Ems wird spürbar abnehmen“
Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) sagt für die nächste Zeit einen Wandel der Landwirtschaft im Land voraus: „In den Kreisen Vechta, Cloppenburg und Emsland, wo bisher viele Tiere gehalten werden und auch viel Gülle anfällt, wird es künftig weniger Ställe geben“, sagte der Minister gestern vor Journalisten. Wenn überhaupt neue Anlagen errichtet werden sollten, dann geschehe das vermutlich eher im Süden und Osten Niedersachsens, etwa in der Hildesheimer Börde. Dort gebe es für die Bauern bessere Möglichkeiten, Gülle, Kot und Gärreste als Dünger aufzubringen. Meyer äußerte sich zur Einigung zwischen Bund und Ländern in Berlin über neue Vorschriften zum Umgang mit Dünger. Das entsprechende Düngegesetz soll heute Abend im Bundestag und Ende März im Bundesrat beschlossen werden. Auslöser für die neuen Vorschriften, die bald in Kraft treten sollen, ist eine Klage der EU-Kommission gegen Deutschland wegen der Überschreitung der Nitrat-Grenzwerte im Grundwasser. „Rote Gebiete“, also solche, in denen das Grundwasser schon extrem belastet ist, gibt es vor allem im früheren Regierungsbezirk Weser-Ems. Das heißt, dass vor allem dort die Düngung eingeschränkt werden muss.
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Düngegesetz und Düngeverordnung sehen nun mehrere Schritte vor. Erstens soll die zulässige Nährstoff-Überschuss je Hektar bei Stickstoff von 60 auf 50 Kilogramm und bei Phosphat von 20 auf 10 Kilogramm gesenkt werden. Zweitens bekommen die Düngebehörden (bei der Landwirtschaftskammer) das Recht, sämtliche Daten eines Bauernhofes einzusehen und abzugleichen – Bauanträge ebenso wie Förderanträge oder Angaben gegenüber der Tierseuchenkasse. Auf diese Weise kann die Behörde Vergleiche zum Gülle-Einsatz ziehen und schnell erkennen, wenn der Verdacht besteht, der Landwirt habe seine Gülle-Entsorgung nicht korrekt angegeben. Drittens wird für größere Betriebe von Januar 2018 an die sogenannte „Stoffstrombilanz“ verbindlich, sie soll ab einer Tierbesatzdichte von 2,5 Großvieheinheiten gelten. Kleinere Betriebe folgen dann Anfang 2023. In dieser Bilanz wird festgehalten, wieviel Gülle anfällt und wieviel Gülle der Boden des Bauernhofes wieder aufnehmen kann – Grünland beispielsweise kann die Nährstoffe besser verwerten als ein Maisacker. Meyer rechnet es sich als seinen Erfolg an, dass die Kleinbetriebe noch eine Frist bekommen – und dass beispielsweise Weidehalter nicht stärker belastet werden als bisher. „Der Kuhfladen auf der Wiese belastet das Grundwasser nämlich nicht“, meint der Minister. Allerdings werden die Betreiber von Biogas-Anlagen, in denen Gärreste entstehen, künftig einer ebenso strengen Überwachung unterworfen.
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Der niedersächsische Minister sagt: „Wir hätten die Einigung blockieren können – dann hätten wir ein schönes Thema für den Bundestagswahlkampf gehabt. Doch ich bin in der Verantwortung für unser Wasser, daher begrüße ich den Kompromiss.“ Die Hoffnung sei, dass die EU-Kommission ihre Klage zurückzieht. Wenn sich die Wasserqualität nicht verbessert, drohe eine Sperrung von Brunnen im Bereich Weser-Ems – mit der Folge stark steigender Wasserpreise. Die neuen Düngevorschriften haben allerdings Folgekosten – geschätzt für die Länder, die stärker überwachen müssen, von 60 Millionen Euro jährlich, und für die Landwirte bundesweit von 56 Millionen Euro jährlich. Viele Landwirte müssen ihre Gülle nun weiter fahren, um sie zu verbringen, sie müssen sie teilweise eindampfen lassen, um das Volumen zu vermindern. Meyer hofft, dass die neuen Auflagen zu einer effektiveren Nutzung der Gülle führen – und dass die Landwirte merken, dass sie weniger Kunstdünger benötigen. Tendenziell werde die Gülle-Menge im Lande „eher abnehmen“, vermutet der Grünen-Politiker – auch deshalb, weil die Zahl der gehaltenen Schweine, Hühner und Puten bereits sinke. Derzeit gebe es kaum Neubauten von Mastställen, weil über die Bauvorschriften „Rechtsunsicherheit“ herrsche. Das liege vor allem an vielen ungeklärten Fragen zum Tierschutz in der Massentierhaltung. „Wir brauchen einen Agrarpakt“, meint Minister Meyer.