7. Okt. 2015 · 
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Zur Sache: Streit um „ultramodernes“ Kohlekraftwerk

(rb) Den Bemühungen des Landes Niedersachsen um die Sanierung der Ems hat jetzt das oberste niederländische Verwaltungsgericht, der Raad van State, einen Bärendienst erwiesen. Das Gericht wies die Klagen der Stadt Borkum sowie der ostfriesischen Küstengemeinden Jemgum und Krummhörn gegen die Genehmigung für ein Kohlekraftwerk im niederländischen Eemshaven an der Emsmündung zurück. Damit kann der deutsche Energiekonzern RWE sein dortiges Kohlekraftwerk jetzt offiziell in Betrieb nehmen. Bislang wurde es im Probebetrieb gefahren. Der niederländische Staatsgerichtshof gab endgültig grünes Licht für das Kraftwerk und erklärte alle naturschutzrechtlichen Genehmigungen für gültig. Niedersachsen hatte über seinen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vergebens versucht, mit einer eigenen Stellungnahme Einfluss zugunsten der klagenden Kommunen zu nehmen. Der NLWKN befürchtet negative Auswirkungen auf den Masterplan Ems 2050, mit dem das Land und ostfriesische Kommunen gemeinsam den ökologischen Zustand des Flusses verbessern wollen. Die Landesbehörde warnt zugleich vor Quecksilbereinträgen in die geschützten Naturschutzgebiete des Wattenmeeres und der Küstenregionen durch den Betrieb des Kohlekraftwerks. Schon jetzt seien diese bei Aalen, Miesmuscheln und den Eiern von Silbermöwen viel zu hoch. Deutsche und niederländische Umweltverbände hatten ebenfalls juristische Schritte unternommen. Sie befürchten Nachteile für die Natur- und Vogelschutzgebiete in der Emsmündung etwa durch Verklappungen von Baggergut, was nach deutschem Recht dort ausdrücklich nicht erlaubt sei. Nach dem höchstrichterlichen Urteil darf jetzt auch ein Teil der Außenems vertieft werden, damit die großen internationalen Kohlefrachter der Panapax-Klasse Eemshaven anlaufen können. Das RWE-Kraftwerk mit einer Leistung von 1600 Megawatt Strom kann rund 2,5 Millionen Haushalte mit Elektrizität versorgen. Pro Tag werden 10 000 Tonnen Kohle gebraucht, die von großen Frachtern mit einem Tiefgang von bis zu 14 Metern aus Übersee in den Niederlanden angelandet werden. Dafür muss die Fahrrinne der Ems bis gut 20 Kilometer vor Borkum auf eine Tiefe von 16 Metern ausgebaggert werden. Die Inselkommune Borkum und die beiden Küstengemeinden Jemgum und Krummhörn befürchten durch den Betrieb des Kraftwerkes und die Ausbaggerung nicht nur massiv negative Auswirkungen auf den Tourismus, sondern auch das Ende der Krabbenfischerei in dieser Region des Wattenmeeres. Schon jetzt litten die Krabbenfischer in Greetsiel und Ditzum unter immer schlechter werdenden Fängen, argumentierten die Gemeinden vor Gericht. Nach Ansicht der Berufsfischer tragen auch die seit Jahren andauernden Ausbaggerungen der Ems für die Überführung der Kreuzfahrtschiffe der Papenburger Meyer-Werft eine Mitschuld am Niedergang. Zudem zerstöre die Verklappung von Baggergut das letzte naturbelassene Fanggebiet in der Emsmündung. Insgesamt werden 6,5 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick aus der Fahrrinne gebaggert und in der Nähe von Borkum verklappt. Weil sich in der Fahrrinne später regelmäßig wieder Schlick ablagern wird, sind Unterhaltungs-Baggerarbeiten erforderlich. Das bedeutet weitere 1,2 Millionen Kubikmeter Sand und Schlamm pro Jahr. Noch völlig unklar ist derzeit, in welchem Umfang dadurch die Strände auf den ostfriesischen Ferieninseln in Mitleidenschaft gezogen oder sogar verschmutzt werden. Der RWE-Konzern bezeichnet sein neues Kraftwerk in den Niederlanden als „ultramodern“, als eine Industrieanlage mit hoher Effizienz und hohen Umweltstandards. Dank des Einsatzes moderner Reinigungs- und Filtertechniken sei es die „sauberste Anlage ihrer Art“. stu
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #183.
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