Zähes Ringen um das Informationsfreiheitsgesetz
Der Anspruch ist einfach und klar formuliert: Jeder Bürger soll amtliche Informationen bekommen können – sofern sein Anliegen begründet ist. In mehreren Bundesländern gibt es bereits ein entsprechendes „Informationsfreiheitsgesetz“, in Niedersachsen aber noch nicht. Es geht dabei um die Frage, inwieweit Behörden gezwungen werden sollen, Gesetze und Richtlinien, Verwaltungsvorgänge, Gutachten und Statistiken im Internet zu veröffentlichen. Sollen Bürger alle diese Informationen auf Anfrage bekommen – oder sollen die Ämter alle Unterlagen automatisch ins Netz stellen? Ein erster Entwurf des federführenden Justizministeriums aus dem vergangenen Jahr hat umfangreiche Reaktionen aus den anderen Ministerien ausgelöst. Wie es heißt, umfasst allein die Stellungnahme des Innenministeriums 42 Seiten, wobei es dort ganz am Ende heißt, dass man gern noch eine substantiellere Position formulieren wolle. Gegen Ende dieses Jahres will das Justizressort nun daraus einen neuen Entwurf erstellen, der dann Anfang 2017 vom Kabinett an den Landtag geleitet werden soll.
Doch die ersten Stellungnahmen verheißen wenig Gutes für dieses Vorhaben. So scheint noch unumstritten, dass wohl nicht die Schulen gezwungen werden können, die Klassenarbeiten an neugierige Eltern auszuhändigen. Wenn es um Verträge des Landes mit Firmen geht, ist ebenfalls Zurückhaltung geboten – Unternehmen könnten sonst die Chance wittern, die Konkurrenz auszuleuchten. Datenschutz ist auch bei Personal- und Bewerbungsunterlagen zu beachten. Der Niedersächsische Industrie- und Handelskammertag verweist auf Betriebsgeheimnisse und rät, so Hauptgeschäftsführerin Susanne Schmitt, von einem „Jedermannsrecht“ ab.
Vor allem aus dem Innenministerium kommen massive Bedenken, weil in der Landes- und Kommunalverwaltung ein „erheblicher Aufwand erzeugt“ werde. Allein die Prüfung, ob eine Auskunft verweigert werden darf und ob ihre Beantwortung mehr als 200 Euro kostet, binde viel Verwaltungskraft. Wenn Bürger von der Kommunalaufsicht wissen wollten, was in ihrer Gemeinde womöglich in einem bestimmten Fall schief gelaufen sei, hätten die kommunalen Mandatsträger keine privilegierte Stellung mehr bei Überprüfung und Kontrolle der Stadt- oder Kreisverwaltung. Sollten die Behörden fast alle Unterlagen von sich aus ins Netz stellen, erfordere das hohe Investitionen etwa für ein e-Akten-System, in NRW gehe man von 148 Millionen Euro aus. Dabei seien die Nutzerzahlen dort, wo es solche Regeln schon gebe, relativ gering. Da die Kommunen eine Erstattung aller Kosten verlangen könnten und auf kommunaler Ebene schon jetzt etwa in der Bauleitplanung viel Bürgerbeteiligung herrsche, empfiehlt das Innenministerium, das neue Gesetz nicht für die Kommunen gelten zu lassen. Der Aufbau eines Informationsregisters, in dem alle Informationen gesammelt werden, solle verschoben werden. Lieber solle man vorhandene Portale verbessern und ausbauen. Außerdem wird vorgeschlagen, auch den Verfassungsschutz und die Polizei von der Informationspflicht auszunehmen. Im ersten Entwurf waren sie beide enthalten.