29. Jan. 2023 · 
Wissenschaft

Wissenschaftsminister Mohrs: Aufbau der Uni-Medizin in Oldenburg wird ein langer und schwieriger Weg

Die Universitätsmedizin Oldenburg hat in Hannover zu einem parlamentarischen Abend eingeladen. | Foto: Wallbaum

Die Stimmung war aufgeräumt, und die Liste derer, die ihre Aufwartung machen wollten, war lang. In der vergangenen Woche lud die „Universitätsmedizin Oldenburg“ zum „parlamentarischen Abend“ ein. Für den gleichen Zeitpunkt, was von einigen als Affront angesehen wurde, hatten die Braunschweiger zu einem ähnlichen Termin in 200 Metern Entfernung geladen. Braunschweig oder Oldenburg – wer würde von mehr Abgeordneten und Regierungsmitgliedern Aufmerksamkeit bekommen? Im „Neuen Rathaus“ in Hannover waren die Braunschweiger, im „Alten Rathaus“ begrüßte Ralph Bruder, Präsident der Uni Oldenburg, eine stattliche Zahl von drei Ministern: Daniela Behrens (Innen), Andreas Philippi (Soziales) und Falko Mohrs (Wissenschaft). Erwartet wurde noch Olaf Lies (Wirtschaft), der jedoch bei den Braunschweigern gebunden war. 

Mohrs ist fachlich zuständig für die Uni-Medizin, und er lobte das vor mehr als zehn Jahren begonnene Projekt einer besonderen Kooperation in Oldenburg. Die vier Kliniken in der Stadt, darunter auch zwei kirchliche und eine, die in Bad Zwischenahn liegt, arbeiten mit der Universität zusammen – und bieten für die Studenten den nötigen Praxisbezug. Der Name „European Medical School“ (EMS) verweist zudem auf eine Anbindung an die niederländische Uni Groningen, die auch Teil dieses Verbundes ist. Seit Jahren ist das Vorhaben umstritten, so äußerte der Landesrechnungshof vor Jahren wiederholt Kritik. Auch die Forderungen des Braunschweiger Oberbürgermeisters, in ihrer Stadt eine weitere Uni-Medizin aufzubauen, werden von den Oldenburgern als Störmanöver angesehen. Ist es doch so schon schwierig genug, eine breite Landtagsmehrheit für mehr Investitionen zum Aufbau der EMS zu mobilisieren. Immerhin hatte die Große Koalition im September 2022 die Zahl der Medizin-Studienplätze für die EMS von dahin 80 um 40 auf 120 erhöht. Das heißt einen jährlich zusätzlichen Aufwand im Etat des Wissenschaftsministeriums von 10,7 Millionen Euro. Das muss jetzt dauerhaft jedes Jahr anfallen.

Im Koalitionsvertrag hat Rot-Grün (wie vorher schon die Große Koalition) eine Steigerung der Studienplätze auf 200 anvisiert. Vor gut zwei Jahren setzten die Oldenburger Abgeordneten einen Zuschuss von 80 Millionen Euro für die nötigen Lehr- und Forschungsgebäude durch. Damit aber ist noch nichts sicher, die Uni braucht allein für die Erweiterung der städtischen Klinik noch mal 160 Millionen Euro. Muss das Geld des Landes sein, und, wenn ja, welches Ressorts, Wissenschaft oder Soziales? Die Kliniken zählen nicht zur Uni, sie sind städtisch oder kirchlich gesteuert. Dann sind auch noch weitere Professoren nötig.

European Medical School soll 200 Studienplätze bekommen

Die Rede des Wissenschaftsministers ließ aufhorchen. Mohrs sagte: „Wir brauchen in Niedersachsen mehr Medizin-Studienplätze, und die 120 in Oldenburg sind nicht der letzte Schritt. Wir haben uns vorgenommen, auf 200 Plätze zu kommen.“ Dann jedoch fügte er hinzu, auch die 120 Plätze seien „noch nicht ganz stabil auf allen vier Reifen“, womit er vermutlich Unsicherheiten in der mittelfristigen Finanzierung andeutete. 2020 hatte sich die damalige Landesregierung schon quer gestellt, es gelang den Oldenburger Abgeordneten aber in einem gemeinsamen Kraftakt, Geld beim Finanzminister locker zu machen. Mohrs sagte jetzt: „Der weitere Aufbau der EMS wird für uns ein langer und schwieriger Weg.“ Schon der erste der drei nötigen Bauabschnitte, ausgeführt auf 4000 Quadratmetern Baufläche, habe 61 Millionen Euro verschlungen. „Alles weitere wird ein Kraftakt, vor allem, wenn wir 200 Plätze anstreben.“

Uni-Präsident Ralph Bruder nannte die Begriffe „Planungssicherheit“ und „finanzielle Unterstützung“ an die Adresse der Politiker. Das kann so interpretiert werden: Wenn schon nicht im Etat für 2024 weitere hohe Mittel fließen, dann wenigstens verbindlich in der Finanzplanung für die Jahre danach. Rainer Schoppik, Vorstandsvorsitzender des Klinikums Oldenburg, sieht noch ein rechtliches Problem: Sowohl das Land Niedersachsen wie auch der Bundesgesundheitsminister planen künftig die Einteilung der Krankenhäuser in „Versorgungsstufen“. Je höher die Stufe, desto mehr Zuschüsse können fließen. Die Stärke der Oldenburger beruht aber auf einem Verbund einzelner Kliniken, die bisher organisatorisch nicht verzahnt, sondern noch weitgehend eigenständig sind. Im Landesrecht ließe sich wohl darstellen, dass Oldenburg gleichwohl den Status des „Maximalversorgers“ erhält, im Bundesrecht könnte es schwieriger werden – sofern keine Öffnungsklausel in den Vorschriften des Bundes geschaffen wird. Überhaupt gilt: Wenn Medizinstudenten ausgebildet werden sollen, muss die EMS ein „Maximalversorger“ sein, ohne diesen Status dürfte das rechtlich schwierig werden.

Die Universitätsmedizin Oldenburg möchte gerne "Maximalversorger" werden. | Foto: Wallbaum
Dieser Artikel erschien am 30.1.2023 in Ausgabe #016.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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