30. Nov. 2020 · Wirtschaft

Wirtschaftsrat fordert gelockerte Öffnungszeiten für den Handel

In 24 Tagen ist Heiligabend, und auch in diesem Jahr werden unter vielen Weihnachtsbäumen wieder zahlreiche Geschenke liegen. Allerdings fragt sich der lokale Einzelhandel besorgt, wo diese Geschenke in diesem Jahr gekauft werden. Durch Bilder vom Wochenende aus niedersächsischen Fußgängerzonen könnte man zu dem Schluss gelangen, dass auch in diesem besonderen Corona-Jahr nicht durchweg alles nur online gekauft wird. Die Innenstädte waren gut besucht, vor vielen Geschäften bildeten sich Schlangen. [caption id="attachment_51581" align="alignnone" width="780"] Geschenke werden gekauft. Aber wo? - Foto: ArtMarie[/caption] Allerdings treten heute die neuen Corona-Regeln in Kraft, die auch Beschränkungen der Kundenzahl in den Geschäften vorsehen – und das ausgerechnet im Dezember, auf den es für die Einzelhändler wirtschaftlich besonders ankommt. Eine Umfrage des Handelsverbands HDE ergab, dass mehr als die Hälfte der Händler in diesem Monat mit deutlich weniger Kunden und sinkenden Umsätzen rechnet. Fast jeder zweite Befragte sieht seine unternehmerische Existenz wegen der Corona-Pandemie und der Gegenmaßnahmen bedroht, fast zwei Drittel blicken pessimistisch auf den weiteren Verlauf des Weihnachtsgeschäfts. Dagegen könnte der Online-Handel seine Umsätze voraussichtlich um ein Drittel steigern.

Acht-Punkte-Katalog

Nicht nur der Handel selbst, auch der niedersächsische Wirtschaftsrat der CDU befürchtet für die Branche schlimme Folgen der Corona-Krise. „Wenn wir jetzt nichts tun, werden viele vor allem mittelständische Händler die Corona-Pandemie nicht überleben“, warnte die Landesvorsitzende Anja Osterloh am Montag. Der Wirtschaftsrat legte deshalb einen Acht-Punkte-Katalog zur Stärkung des Einzelhandels vor, schließlich seien die Geschäfte einer der wichtigsten Steuerzahler und Zugpferd der Innenstädte.
Viele Einzelhandelsgeschäfte haben sich kaum vom ersten Shutdown im Frühjahr des Jahres erholt.
Der Verband fordert unter anderem eine Ausweitung der Wirtschaftshilfen auf Unternehmen des stationären Handels, die im Zeitraum der Shutdown-Maßnahmen einen Umsatzeinbruch von mehr als 70 Prozent hinnehmen mussten. Die Ladenöffnungszeiten müssten in der Adventszeit und im Januar gelockert werden. Der steuerliche Verlustrücktrag, mit dem man Verluste ins Vorjahr steuerlich zurücktragen kann, sollte auf einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren angehoben werden und nicht verkaufte Waren sollten leichter steuerlich abgeschrieben werden können. „Viele Einzelhandelsgeschäfte haben sich kaum vom ersten Shutdown im Frühjahr des Jahres erholt. Auch die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer hat nur punktuelle Effekte erzeugt, etwa im Kraftfahrzeughandel. Nun muss der Einzelhandel erneut Umsatzrückgänge schultern – bei unveränderter Kostenstruktur. Es ist zu befürchten, dass viele Geschäfte dann erst gar nicht mehr aufsperren“, erklärte Osterloh. Auch die großen Konzerne im Online-Handel nimmt der Wirtschaftsrat ins Visier. Es müsse konsequent gegen „Steuervermeidung ausländischer Großunternehmen im Onlineversandhandel“ vorgegangen werden.

Zustimmung von Pantazis

Dieser Forderung stimmt der SPD-Wirtschaftspolitiker Christos Pantazis ausdrücklich zu. Eines der wirkungsvollsten Mittel, dem Handel zu helfen, sei es, Chancengleichheit mit den großen Online-Unternehmen herzustellen und „despektierliche Arbeitsmodelle“, zum Beispiel bei Paketdiensten“ einzudämmen, erklärte der SPD-Fraktionsvize im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Die Forderung nach gelockerten Öffnungszeiten hält Pantazis dagegen für zu kurz gedacht. Zum einen sei der Kundenstrom aktuell ohnehin sehr reduziert, zum anderen führe das wieder zu Mehrbelastungen für Arbeitnehmer. Das widerspreche der SPD-Forderung nach „guter Arbeit“, ohne dass damit ein positiver Effekt für den Handel einhergehen würde, meint Pantazis. Wichtig seien jetzt die akuten Corona-Hilfen für den Handel, längerfristig brauche es eine koordinierte Strategie, um die lokalen Händler bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodele zu unterstützten. Ab dem heutigen Dienstag gelten in Niedersachsen neue Corona-Regeln, die auch den Einzelhandel betreffen. Dort gilt nun eine maximale Zahl an Kunden, die sich zur selben Zeit im Geschäft aufhalten dürfen. In Läden mit bis zu 800 Quadratmetern darf sich pro zehn Quadratmetern ein Kunde aufhalten, in Geschäften mit größeren Flächen gilt die Regel 20 Quadratmeter pro Person. Zugleich gilt die Maskenpflicht auch auf Parkplätzen und im Bereich vor den Geschäften.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #216.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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