Im Podcast mit Niklas Kleinwächter äußert sich Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) über die Förderung der Wissenschaft, die Grundsätze der Forschungspolitik und über seinen persönlichen Weg in der Politik. Es geht auch um Nachwuchsmangel und Professorengehälter.

Rundblick: Herr Mohrs, Sie gehören im Kabinett zu den jüngeren Ministern. Was macht das mit einem, wenn man plötzlich im politischen Rampenlicht steht? Sie waren vorher Bundestagsabgeordneter in Berlin…
Mohrs: Alter alleine war für mich nie ein Qualitätskriterium. Ich finde es gut, dass wir im Kabinett verschiedene Perspektiven haben. Und was den Wechsel angeht: Ich war auch vorher viel in Niedersachsen, insbesondere natürlich in meinem Wahlkreis. Auch jetzt ist Wolfsburg mein Lebensmittelpunkt geblieben. Ich fahre jeden Morgen nach Hannover, da dort in der Regel um 8.30 Uhr die erste Besprechung im Ministerium beginnt. Aber natürlich ist die Landespolitik anders als die Bundespolitik, das will ich gar nicht bestreiten.
Rundblick: Inwiefern anders?
Mohrs: Landespolitik ist familiärer, übersichtlicher und auch konkreter. Man ist häufig viel dichter an den Themen dran als in der Bundespolitik. Allerdings sehe ich meine Zeit im Bundestag auch als gute Vorbereitung auf mein jetziges Amt, ich hatte z.B. mit der Wirtschaftspolitik, der Kulturwirtschaft, Künstlicher Intelligenz und der Digitalpolitik zu tun, es ging auch viel um Industriepolitik, Innovationen und Transformation. Für mich ist ganz klar, dass die Industrie in Niedersachsen in zehn Jahren völlig anders aussehen wird als heute… ebenso die Energieerzeugung, die Landwirtschaft und vieles andere, was uns heute ausmacht.

Rundblick: Wie sind Sie fit gemacht worden für eine Führungsaufgabe? Geschah das zielstrebig?
Mohrs: Zunächst glaube ich, dass die ehrenamtliche Arbeit bei den Pfadfindern schon sehr prägend war für mich. Man lernt dort früh, Verantwortung zu übernehmen. Ich habe beispielsweise als Jugendgruppenleiter Freizeiten mit Kindern nach Norwegen organisiert. Außerdem war ich im Jugendring aktiv. Ich habe häufig vor vielen Menschen sprechen müssen. Das alles prägt. Später bin ich in die SPD eingetreten, habe Speditionskaufmann gelernt und im dualen Studium einen Abschluss als Diplomkaufmann gemacht – und ich konnte bei VW in verschiedenen Bereichen lernen wie Führungskräfte agieren und wie sie strategische Entscheidungen treffen. Zuletzt habe ich einen Teil der Produktion im Werk in Wolfsburg geleitet.
Rundblick: Sie sind Wissenschafts- und Kulturminister. Welcher Bereich liegt Ihnen mehr?
Mohrs: Das ist mir beides wichtig – und beides hat mit Menschen zu tun, die nach vorn blicken und gestalten wollen, die innovativ und kreativ sind. Die Arbeit mit diesen Leuten macht mir großen Spaß.
„Es von herausragender Bedeutung, die Produktion und Innovation in Deutschland und Niedersachsen zu stärken.“
Rundblick: Vor wenigen Monaten hatten Sie die Freude, 576,3 Millionen Euro über die Sonder-Dividende von VW nach der Satzung der Volkswagenstiftung für Forschungszwecke zu verteilen. Sie sprachen dabei von Transformation, Digitalität und Spitzenforschung. Was genau meinten Sie damit?
Mohrs: Da gibt es vieles, aber machen wir es konkret: Ich nehme als Beispiel das Institut für Solarenergieforschung in Hameln. Dieses hat sich über die letzten Jahrzehnte hinweg als eine bedeutende Schmiede für Innovationen etabliert. Angesichts der zuletzt spürbaren Verlagerung von Produktionskapazitäten nach China ist es von herausragender Bedeutung, die Produktion und Innovation in Deutschland und Niedersachsen zu stärken. Dies erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, wobei der Wirkungsgrad bei der Auswahl von Solarzellen zur Effizienzsteigerung eine zentrale Rolle spielt. Unsere Forschung in Niedersachsen setzt unter anderem hier an, mit dem klaren Ziel, die heimische Solarproduktion nachhaltig zu stärken. Dabei stellt die Forschungsförderung einen wesentlichen Faktor dar, auch beispielsweise durch neue Bundes-Förderprogramme.
Rundblick: Und warum sprechen Sie von „Digitalität“ statt von „Digitalisierung“?
Mohrs: Die Begriffe „Digitalisierung“ und „Digitalität“ klingen ähnlich, haben jedoch unterschiedliche Bedeutungen. „Digitalisierung“ beschreibt die Umwandlung von vorhandenen analogen Prozessen in digitale Formate. „Digitalität“ beschreibt die Art und Weise, wie digitale Technologien und das Internet in unserem Alltag und in der Gesellschaft präsent sind. Viele erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln geniale Ideen nicht allein im Elfenbeinturm, sondern vernetzen sich in Forschungsverbünden. Dabei spielt auch das Teilen und Analysieren von Daten eine entscheidende Rolle. Deshalb fördern wir auch die digitale Ausstattung von Hochschulen. Studieren und Forschen hier in Niedersachsen muss modern sein. Wir wollen noch mehr kluge Köpfe in unser Bundesland holen.
Rundblick: Das führt auch zum Begriff „Spitzenforschung“…
Mohrs: Wir brauchen in der Forschung Spitzenleistung und Exzellenz und unterstützen hochkarätige Professorinnen und Professoren. Unsere Bemühungen richten sich darauf, bei der nächsten Entscheidung zu den Exzellenzuniversitäten wieder erfolgreich zu sein. Das Verfahren dauert noch ein paar Jahre. Im ersten Schritt geht es darum, vielversprechende Exzellenzcluster zu definieren und diese im Wettbewerb zum Erfolg zu führen. Bei der Fokussierung auf herausragende wissenschaftliche Qualität hilft es sehr, dass wir in Niedersachsen zum einen die Volkswagenstiftung haben und zum anderen die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen, die beide mit Rat und Tat durch externe Expertise unterstützen können. Sie helfen uns, wissenschaftlich zu bewerten, was wir qualitätsgesichert fördern.

Rundblick: Wenn Sie Spitzenforscher in Niedersachsen halten wollen, brauchen Sie auch Geld. Ihr heutiger Staatssekretär und der Generalsekretär der Volkswagenstiftung hatten vor knapp einem Jahr in einem Rundblick-Interview erklärt, dass die Professoren in Niedersachsen zu schlecht bezahlt werden – wenn man den Bundesvergleich zieht. Nun sind Sie und der damalige Autor der Äußerung, Ihr jetziger Staatssekretär, seit zehn Monaten im Amt. Geschehen ist an der Professorenbesoldung aber noch nichts, oder?
Mohrs: Tatsächlich ist es so, dass vor allem bei den Wissenschaftlern in der Qualifizierungsphase (W1) und den sehr erfahrenen W3-Professoren die niedersächsischen Grundgehälter im Bundesvergleich recht weit hinten liegen. Wir wollen das ändern und definitiv viel attraktiver werden. Die Attraktivität wird allerdings maßgeblich auch noch durch andere Faktoren bestimmt wie etwa die Rahmenbedingungen für Forschung. Und deshalb haben wir zunächst dafür gesorgt, dass in den nächsten Jahren aus dem Programm „Zukunft Niedersachsen“ riesige Summen an die niedersächsischen Hochschulen fließen. Die Erhöhung der gesamten W-Besoldung kostet natürlich auch Geld. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, hier schrittweise vorzugehen – und das planen wir. Wir überlegen, bei den W1-Gehältern zu beginnen, denn da geht es schließlich um die Attraktivität des Wissenschaftsbetriebes für die Wissenschaftler in der Qualifizierungsphase und damit die Förderung von Zukunftspotenzialen.