an dieser Stelle ist es üblich, hin und wieder auch Dichter zu zitieren. Heute ist Johann Wolfgang von Goethe dran. Der hat in seinem „Faust“ einst die Redensart geprägt, dass Namen nur Schall und Rauch sind – vergänglich, vorübergehend, nicht wirklich bedeutend. Wer den Menschen kennen will, muss nicht nur seinen Schein betrachten, das Äußere, zu dem Namen und Titel gehören. Er muss in seine Seele blicken. Im Landtag haben sich die Grünen das gestern wohl zu Herzen genommen. Ihre Abgeordneten beklagten, dass die Große Koalition ihre Gesetze „durch den Landtag peitschen“ wolle – im Eiltempo. Also entschieden sich die Grünen, erst beim Nachtragshaushaltsplan und dann beim Schulgesetz, auf die Bremse zu treten – und votierten für eine namentliche Abstimmung. Das hatte nicht nur zur Folge, dass Zeitplan der Landtagsdebatte ausuferte. Es zeigte auch, dass die Mitglieder des Präsidiums mit den Namen ihrer Mitabgeordneten noch nicht ganz vertraut sind.
Es fing an mit Heiner Schönecke (CDU), der den AfD-Politiker Stefan Bothe als „Herr Bothé“ um sein Votum bat. Bothe reagierte erst nicht, weil er sich nicht angesprochen fühlte. Wenig später revanchierte sich Stefan Henze (AfD), der den Grünen-Politiker Helge Limburg als Frau und „Helga“ ansprach und dann bei Wiard Siebels (SPD) nicht recht wusste, welches Geschlecht dieser nun habe, denn der althochdeutsche Vorname erschien ihm fremd. Dass nun ausgerechnet Limburg und Siebels zwei Politiker sind, die als Parlamentarische Geschäftsführer häufiger das Wort ergreifen und eigentlich jedem Abgeordneten im Landtag geläufig sein müssten, steht auf einem anderen Blatt. Was soll’s, Namen sind halt Schall und Rauch. Ob das vielleicht auch Ausdruck dafür ist, dass die AfD noch nicht richtig angekommen ist im Landtag? Immerhin hat das Parlament am Dienstag beim Stiftungsgesetz über eine „Lex AfD“ abgestimmt, einen Vorschlag, diese neue Partei bitteschön außen vor zu lassen.
Eine Menge neuer Namen werden die Abgeordneten auch demnächst noch lernen müssen, wenn sie in ein paar Monaten die Organigramme der Landesministerien betrachten. Die 99 neuen Stellen sind mit dem Nachtragshaushaltsplan gestern beschlossen worden. Das heißt: Die Personallisten der Landesministerien werden künftig länger.
Den Namen der Stadt Ritterhude jedenfalls wird man sich auf jeden Fall weiter merken müssen. Denn wenn auch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Unglücks in der dortigen Chemiefabrik eingestellt wurden, bleiben doch eine Menge interessanter Fragen übrig. Welche, lesen Sie hier.
Ich wünsche Ihnen einen namhaften Mittwoch,
Klaus WallbaumDieser Artikel erschien in Ausgabe #40.