21. Apr. 2024 · 
Soziales

Wie geht's weiter im Sozialressort? Minister Philippi muss Umorganisation ändern

Der Plan war nicht nur intern intensiv diskutiert worden. Aus dem Sozialministerium heißt es inoffiziell sogar, es habe weitgehende Einigkeit gegeben. Sozialminister Andreas Philippi (SPD) will sein Haus neu strukturieren – und dazu plant er die Aufwertung der Einheit, die für die zentralen Aufgaben zuständig ist. Dazu zählt die Personalplanung, die Haushaltsplanung, die IT und die zentralen Dienste, auch das Justiziariat. Bisher sind diese Tätigkeiten in einer „Referatsgruppe“ zusammengefasst.

Sozialminister Andreas Philippi stößt beim Umbau seines Ministeriums auf Widerstände. | Foto: MS

Philippis feste Absicht war es aber, daraus eine eigene Abteilung zu formen. Der Leiter dieser Abteilung bekäme dann eine B6-Besoldung. Gegenwärtig ist das schon so, denn der Leiter der Abteilung „Jugend und Familie“, Dirk Schröder, ist kommissarisch an die Spitze der bisherigen Referatsgruppe gesetzt worden. Einer, der schon B6 erhält, vollzieht also an der Spitze der Referatsgruppe die wichtigen Zentralaufgaben.

Der Neuzuschnitt hat dann aber doch noch einige Diskussionen ausgelöst – und im Ergebnis führten diese zu einer Verhärtung. Aus Regierungskreisen hieß es lange Zeit, der Vorschlag der Umorganisation des Ministeriums komme nicht voran, da das Thema in der Staatskanzlei liege und monatelang eine Entscheidung ausgestanden habe. Denn eine Verständigung zwischen Ministerium und Staatskanzlei zog sich hin. Inzwischen ist klar: Philippi muss einen Rückzieher machen.

Was ist passiert? Philippi hatte eigentlich vor, anstelle von bisher fünf Abteilungen und der Referatsgruppe nun sechs Abteilungen zu schaffen. Dazu hätte er in den Haushaltsplanberatungen Mitte 2023 eine B6-Stelle zusätzlich bekommen müssen, nämlich die für die Leitung der bisherigen Referatsgruppe. Doch das wurde dem Minister im vergangenen Sommer nicht gewährt. Philippi musste also ein neues Konzept entwerfen. Sollte er auf die Aufwertung der Referatsgruppe verzichten? Das liefe seinem Ziel zuwider, die Machtstellung der zentralen Dienste im Ministerium zu erhöhen und damit der Bedeutung dieses Bereichs Rechnung zu tragen.

Das Organigramm zeigt den Organisationsplan des Sozialministeriums. (Stand; April 2024) | Quelle: MS

Sollte die bisherige Referatsgruppe mit der Abteilung „Jugend und Familie“ verschmelzen? Das wäre personell zwar einfach, da Dirk Schröder jetzt schon beide Einheiten leitet. Aber die Kombination einer Fachabteilung mit der Abteilung für die Querschnittsaufgaben wirkt schräg und passt nicht richtig. Entweder würden die Fachaufgaben oder die Verwaltungsaufgaben darunter leiden, womöglich gar beide. Also kam Philippi auf die Idee, die bisherige Abteilung 2 (Frauen und Gleichstellung) mit der Abteilung 3 (Jugend und Familie) zu vereinen. Beide haben vier Referate, am Ende wären es dann also acht Referate in einer neuen Abteilung.

Was der Sozialminister dabei wohl unterschätzt hatte, ist die symbolische Bedeutung. Von 1990 bis 1998 gab es in Niedersachsen ein eigenes Frauenministerium, die Ministerinnen waren Waltraud Schoppe (Grüne) und Christina Bührmann (SPD). Dann, noch unter Ministerpräsident Gerhard Schröder, wurde das Frauenministerium ein Teil des Sozialministeriums – und so ist es bis heute. Dass es nun, nach dem Ende des eigenständigen Frauenministeriums, auch keine eigenständige Frauenabteilung im Ministerium mehr geben soll, empörte engagierte Frauenpolitikerinnen, vor allem im Landesfrauenrat, aber auch in der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbüros. Sie protestierten und erklärten, mit Philippis Plan werde „die Sichtbarkeit der Frauen und der Gleichstellungspolitik deutlich eingeschränkt“.

Der Einwand, das Gewicht der Gleichstellungspolitik hänge wohl weniger vom Titel einer Abteilung als vielmehr von der Entschlossenheit der Akteure ab, überzeugte die Kritikerinnen nicht. Das umso mehr, als bei einigen zentralen Vorhaben wie der Reform des Gleichstellungsgesetzes (Vertretung der Frauen in der öffentlichen Verwaltung stärken) oder dem Paritätsgesetz (bessere Vertretung von Frauen in den Parlamenten und Kommunalvertretungen gewährleisten) bisher kaum Bewegung erkennbar ist. Angeblich ist der Protest von Frauengruppen auch der Grund, warum die Staatskanzlei vom Philippi-Plan nicht begeistert war. Jetzt teilt das Sozialministerium auf Anfrage mit: „Die ursprünglich angedachte organisatorische Maßnahme wird nicht umgesetzt.“ Ob Philippi jetzt an Alternativen für die Neuorganisation des Hauses arbeitet, kann nur spekuliert werden.

Dieser Artikel erschien am 22.4.2024 in Ausgabe #074.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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