Seit Dezember demonstrieren die Landwirte in der ganzen Republik gegen die Kürzungspläne der Bundesregierung. Aber längst ist klar: Es geht ihnen gar nicht allein um den Agrardiesel oder grüne Kennzeichen. Die Liste der Themen, die die Bauern auf die Barrikaden treiben, ist lang und beschäftigt die Politik mitunter schon seit Jahren. Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) würde zwar nicht sagen, dass sie sich über den Protest der Agrarbranche freut. Dass die Bauernblockaden aber die Agrarpolitik auf die öffentliche Agenda setzen, begrüßt die Landesministerin durchaus sehr. Und der Protest zeigt Wirkung.

An diesem Freitag wird sich der Bundesrat in seiner Plenarsitzung in Berlin mit einem Antrag der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Saarland beschäftigen, der dem Namen nach die „Agrarwirtschaft im Dialog nachhaltiger und krisenfester gestalten“ will. Initiiert wurde die Entschließung von Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) erklärt ihn durch sein Agieren aber auch zur Chefsache. Wie Regierungssprecherin Anke Pörksen am Mittwoch mitteilte, werde Weil am Freitag zu diesem Tagesordnungspunkt das Wort ergreifen. Der Ministerpräsident hat längst erkannt: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, eindeutig für die Landwirtschaft Partei zu ergreifen.

Mit elf Forderungen soll sich der Bundesrat an die Bundesregierung wenden:
Wertschöpfung ermöglichen: Die Länder betonen in ihrem Antrag die herausragende Bedeutung der Landwirtschaft angesichts aktueller Veränderungen etwa hin zu mehr Klimaschutz. Sie betonen allerdings, dass die Menschen im ländlichen Raum nicht nur die Lasten tragen, sondern auch von neuer Wertschöpfung profitieren müssen.
GAK-Mittel erhöhen: Dass gespart werden muss, erkennen die Länder an. Der Topf der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) werde jedoch überproportional belastet, kritisieren sie. Die Mittel sollten wieder auf das Niveau von 2023 angehoben werden.
Emissionsminderung fördern: Um die deutschen Ziele zur Klimaneutralität erreichen zu können, brauche es eine Förderung für Brückentechnologien auf kommunaler Ebene sowie Marktanreize zur Emissionsminderung für die Landwirtschaft.
Alternative Antriebe unterstützen: Der Abbau der Agrardiesel-Steuerrückerstattung geht den Ländern zu schnell, der Bund soll diese über einen längeren Zeitraum strecken. Eine genaue Zahl wird nicht genannt, jedoch soll den Landwirten Zeit gegeben werden, um alternative Antriebstechnologien zu etablieren. Die „Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe“ soll beim Umstieg auf klimafreundliche Kraftstoffe helfen.
Düngerecht weiterentwickeln: Die stickstoffbelasteten „roten Gebiete“ bringen Niedersachsens Landwirte schon lange an den Rand der Verzweiflung. Die Länder pochen nun darauf, dass der Bund seine Zusage einhält und das Düngerecht dahingehend weiterentwickelt, dass mehr Verursachergerechtigkeit herrscht. Niedersachsen prescht etwa mit der Dokumentations-Software „Enni“ voran, aber andere Bundesländer blockieren hier.

Borchert-Plan umsetzen: Zum nachhaltigen Umbau der Nutztierhaltung liegen Pläne längst auf dem Tisch, etwa die Ideen der sogenannten Borchert-Kommission oder der Zukunftskommission Landwirtschaft. Die Länder fordern vom Bund, diese Vorschläge inklusive der Finanzierungsmodelle aufzugreifen, um den Landwirten eine langfristige Perspektive zu bieten.
Erzeuger stärken: Die Wertschöpfungskette soll vom Kopf auf die Füße gestellt werden – man will die Erzeuger gegenüber dem Handel stärken. Die Länder fordern vom Bund, die UTP-Richtlinie gegen unlautere Marktpraktiken konsequent umzusetzen. Ziel ist, dass die Erzeuger mit ihren Produkten Preise erzielen, von denen sie leben können.
Bürgerrat-Ideen prüfen: Der erste Bürgerrat auf Bundesebene hat Vorschläge zur Ernährung unterbreitet. Die Länder wünschen sich, dass die Regierung diese nun prüft.
Fischerei stärken: Der Haushaltskürzung fällt auch die Fischerei zum Opfer. Die Länder fordern, die Fischereikomponente im Windenergie-auf-See-Gesetz nicht weiter zu senken als die Naturschutzkomponente – also nur maximal von 5 auf 3,125 Prozent.
Landwirte beim Moorschutz unterstützen: Landwirtschaft auf Moorböden ist schlecht fürs Klima. Wenn Bauern aber die Moore verlassen oder renaturieren, muss das honoriert werden, fordern die Länder. Die Finanzmittel dazu sollten über 2026 hinaus bereitgestellt werden.
Bürokratie abbauen: Die Länder wollen, dass die Verwaltungswege im Agrarbereich auf Effizienz und Effektivität hin überprüft werden.
Am Mittwoch hat auch die Bundes-CDU ein Positionspapier zur Stärkung der Land- und Forstwirtschaft beschlossen. „Wir wollen gesunde und nachhaltige Lebensmittel aus heimischer Produktion, die im fairen europäischen Wettbewerb ohne Nachteile für unsere Bauern produziert werden“, fasste Marco Mohrmann, Generalsekretär und Agrarpolitiker der Niedersachsen-CDU, die zehn Punkte zusammen.

Die CDU spricht sich gegen Kürzungen bei der EU-Agrarforderung aus, sowie für Freiwilligkeit und Anreize statt Ordnungsrecht und Verbote. Lieber sollten weniger Flächen versiegelt als landwirtschaftliche Flächen stillgelegt werden. Auch die CDU weist auf die Borchert-Pläne für einen verlässlichen Umbau der Tierhaltung hin. Natur- und Klimaschutzmaßnahmen von Landwirten sollten honoriert werden. Die Wälder sollten klimastabil auf- und umgebaut werden – auch mit nicht-heimischen Baumarten, wenn nötig. Die CDU beklagt zu viele Emotionen und zu wenig Faktenkenntnis in der Agrarpolitik.

Zur Sicherung der Welternährung setzt die CDU auf neue Methoden bei der Züchtung, etwa den Einsatz der Genschere. Der Bau von Biogasanlagen sollte vereinfacht werden. Der Staat sollte den Betrieben Freiheiten lassen und nicht bürokratisch überladen und bevormunden. Die ländlichen Räume sollten gestärkt werden – von der ärztlichen Versorgung über die digitale Infrastruktur bis hin zu Bildungsangeboten in der Fläche. Kürzungen bei den GAK-Mitteln werden deshalb auch von der CDU kritisiert.