9. März 2023 · 
Inneres

Wer wird Polizeipräsident? Innenministerin erwägt Abkehr von „politischen Beamten“

Die spannende Frage, wer neuer Polizeipräsident in der Landeshauptstadt Hannover wird, dürfte in wenigen Tagen entschieden sein. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, die Personalauswahl ziehe sich „nicht mehr lange hin“. Wenn Amtsinhaber Volker Kluwe nach Abschluss der halbjährigen Verlängerung seiner Amtszeit am 28. März in den Ruhestand verabschiedet wird, soll die Nachfolge feststehen. Bisher ist verschiedentlich über Namen spekuliert worden. Mindestens ebenso spannend ist aber noch eine zweite Frage: In welchem Status wird sich der Polizeipräsident der Landeshauptstadt künftig befinden? Nach Informationen des Politikjournals Rundblick prüft das Innenministerium in Hannover, ob man die anstehende Neubesetzung mit einer Grundsatzentscheidung verbinden und Polizeipräsidenten nicht mehr als „politische Beamte“ einstufen sollte. Angeblich soll die neue Ministerin Daniela Behrens (SPD) große Sympathien für eine Änderung der Statusbedingungen hegen. Sie äußert sich auf Rundblick-Anfrage allerdings nicht zu diesem Thema, da es sich um laufende Personalauswahlprozesse handelt.

Polizeipräsident Volker Kluwe in der Landespressekonferenz. Für ihn wird ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht. | Archivfoto: MB

Unter Behrens Vor-Vorgänger Uwe Schünemann (CDU) waren 2004 acht Polizeipräsidenten als „politische Beamte“ installiert worden. Das hat zum einen den Effekt, dass die Präsidenten jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, also ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister haben. Eine rasche Ablösung könnte etwa nach problematischen Polizeieinsätzen geschehen. Zum anderen ist die Auswahl nicht so streng an eine Ausschreibung und die Bestenauswahl nach dem Beamten-Laufbahnrecht gebunden. So konnte auch ein Polizei-Oberrat und Referent im Ministerium 2004 zum Polizeipräsidenten werden.

In jüngster Zeit werden verstärkt die Nachteile dieses Status des „politischen Beamten“ beschrieben: Junge Amtsinhaber, die plötzlich abgelöst werden, könnten nach einer Übergangszeit dann meistens nicht in ihr Laufbahn-Beamtenverhältnis zurückkehren, da sie dort ausgeschieden sind. Das macht die Übernahme solcher Funktionen für jüngere Kräfte unattraktiv. Parallel laufen, angeschoben in Nordrhein-Westfalen und unterstützt durch eine Klage des früheren Göttinger Polizeipräsidenten Uwe Lührig, noch zwei Verfahren vor den höchsten Gerichten, dem Bundesverwaltungs- und dem Bundesverfassungsgericht. Dort geht es darum, ob man Polizeipräsidenten überhaupt als „politische Beamte“ einstufen darf – da sie ja nicht als enge Berater eines Ministers politische Weichenstellungen festlegen, sondern im klassischen Sinn eine Behörde leiten.

Daniela Behrens | Foto: Maximilian König

In Niedersachsen sind derzeit neben den acht Polizeipräsidenten die Staatssekretäre, der Präsident des Verfassungsschutzes, die Regierungssprecherin und die vier Landesbeauftragten für Regionalentwicklung im Status der „politischen Beamten“. Nun wäre vorstellbar, dass Behrens ankündigen wird, das Beamtengesetz in absehbarer Zeit ändern zu wollen und zumindest die Polizeipräsidenten (womöglich auch die Landesbeauftragten für Regionalentwicklung) als Laufbahnbeamte zu bestellen. Das könnte immer dann greifen, wenn die Amtsinhaber ausscheiden – also jetzt erstmals im Fall von Kluwe. Die Nachfolger müssten sich dann im Personalauswahlprozess nach einer Ausschreibung stellen, maßgeblich wäre die Einstufung nach Befähigung, Eignung und Leistung. Dabei hätten jene Bewerber die besten Chancen, die bei einer guten Beurteilung eine bereits hohe Besoldungsstufe vorweisen können. Wer dann ins Amt berufen wird, könnte auch nicht einfach – wie bei „politischen Beamten“ – in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.

Vom denkbaren Ablauf her könnte der Übergang so geschehen: Bis zu einer womöglich von Behrens angestrebten Änderung des Beamtengesetzes dürften bis zu vier Monate vergehen. So lange könnte sie für den freien Posten des hannoverschen Polizeipräsidenten jemanden „mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragen“. Das könnte beispielsweise die bisherige Göttinger Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten sein, die in Hannover wohnt und einen hervorragenden Ruf in Polizeikreisen genießt. Dies hätte allerdings den Nachteil, in Göttingen eine völlig neue Führungsebene der Polizeidirektion berufen zu müssen, da dort (wie in Hannover) kein Vizepräsident vorhanden ist. Als Favoriten dafür, in einem solchen Fall mit der Leitung der Geschäfte des Göttinger Polizeipräsidenten beauftragt zu werden, gelten zwei Referatsleiter im Innenministerium: Thorsten Massinger und Tanja Wulff-Bruhn. Für Massinger spräche, dass er auch politisch gut vernetzt ist, er wirkt für die SPD in der Kommunalpolitik in der Region Hannover mit.

Dieser Artikel erschien am 10.3.2023 in Ausgabe #045.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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