Die Frage nach der Nachfolge der am 21. November abberufenen Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger soll offenbar noch vor Weihnachten geklärt werden. Wie das Politikjournal Rundblick erfahren hat, will Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Personalie demnächst entscheiden. In den vergangenen Tagen hatte es geheißen, der Politiker habe sich mehrere Lebensläufe angeschaut und das Profil der möglichen Interessenten ausgelotet. Dass dabei die Bewerber nicht Schlange gestanden haben, hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass es sich hier um die Stelle eines politischen Beamten handelt. Das heißt, der nächste Verfassungsschutzpräsident kann jederzeit ohne Angaben von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden – und würde dann lediglich für maximal drei Jahre gute Versorgungsbezüge erhalten. Für jüngere Beamte lohnt sich ein solcher Schritt also nicht, und Brandenburger konnte nur vor erheblichen Nachteilen bewahrt werden, weil sie sich einige Besoldungsstufen tiefer in eine andere Position in der Landesverwaltung hatte versetzen lassen. Intern werden nun verschiedene Modelle für die Neubesetzung des Landesamtes diskutiert.


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Variante 1: Ein Polizist. Der Koalitionspartner CDU hatte in Gestalt von Pistorius‘ Vorgänger Uwe Schünemann empfohlen, einen Polizeipraktiker an die Spitze des Verfassungsschutzes zu berufen. Zwar hatte sich der Minister diesen Rat verbeten, zumal sein Verhältnis zu Schünemann nicht entspannt ist. Auch holte sich Pistorius intern die Versicherung von der CDU, die Personalentscheidung frei treffen zu können und dafür keine Zustimmung der Christdemokraten zu brauchen. Doch auch im Innenministerium hat eine Polizei-Lösung Anhänger, das würde nicht zuletzt den Kontakt zwischen Verfassungsschutz und Polizeibehörden (der bei der Islamismus-Bekämpfung zumindest bis vor einigen Jahren nicht optimal war) verbessern. Im Gespräch für die Position ist der Osnabrücker Polizeipräsident Bernhard Witthaut (63), seit Jahren SPD-Mitglied und früher Landesvorsitzender, zwischen 2010 und 2013 sogar Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die zu den DGB-Gewerkschaften gehört. Er hat umfangreiche Erfahrungen in der Schutzpolizei, war Dienstabteilungsleiter in Vechta und Osnabrück, auch Zugführer einer Einsatzhundertschaft. Die CDU würde lieber einen Polizisten mit Kripo-Prägung bevorzugen, so den LKA-Vizepräsidenten Thomas Ring. Den aber, heißt es, wolle Pistorius nicht.

Variante 2: Ein Jurist. Wenn der Fokus weniger auf den Umgang mit verfassungsfeindlichen Strömungen und die Kooperation mit der Polizei gelegt wird, dafür stärker auf die rechtlich korrekten Abläufe, käme auch ein Jurist an der Spitze des Verfassungsschutzes in Betracht. Dies muss aber nicht sein, da die Juristin Martina Schaffer offenbar im Amt bleibt, also die Nummer zwei schon Juristin ist. Außerdem wäre der Aufstieg von Pistorius‘ Büroleiter Thorsten Kornblum zum Abteilungsleiter wenig wahrscheinlich – er ist eher für die Nachfolge an der Spitze der Abteilung IV (Digitale Verwaltung) vorgesehen. Der dortige Abteilungsleiter Prof. Jürgen Sucka ist ein Jurist, er könnte – eine andere Möglichkeit – in den Verfassungsschutz wechseln.

Variante 3: Ein Sozialwissenschaftler. Als Pistorius 2013 die Politologin Maren Brandenburger als neue oberste Verfassungsschützerin berief, waren die Themen der jungen rot-grünen Regierung andere als heute. Es ging um mehr Transparenz, mehr wissenschaftliche Aufarbeitung und weniger um die Kooperation mit der Polizei zur effektiveren Gefahrenabwehr. Seither hat sich die islamistische Bedrohung gesteigert, heute werden wieder stärker die klassischen Verfassungsschutz-Tätigkeiten der Aufklärung und Vorbeugung gefragt sein. Daher heißt es, die Berufung eines weiteren Politologen sei doch eher unwahrscheinlich