Wer randaliert, sollte auch die Kosten dafür tragen müssen
Darum geht es: In der Debatte darüber, wer die Kosten für den Polizeieinsatz bei Fußballspielen trägt, hat die Polizei einen neuen Vorschlag entwickelt. Über eine Änderung der Gebührenordnung sollen gewaltbereite Fans stärker an den Kosten beteiligt werden. Sie könnten so von weiteren Taten abgehalten werden. Ein Kommentar von Isabel Christian.
1,2 Millionen Euro hat die Partie von Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig im Jahr 2016 gekostet. Knapp 2600 Beamte waren an jenem Sonntag im November im Dienst. Dazu kamen Wasserwerfer, die Hunde- und die Reiterstaffel. All das wegen ein paar Hundert Chaoten, die das Prinzip des Fairplay bei ihrem geliebten Sport nicht verstanden haben und das Fußballspiel nutzen wollen, um eine imaginäre Feindschaft zu den gegnerischen Fans zu pflegen – am liebsten mit den Fäusten. Die Rechnung dafür zahlen die tausenden friedlichen Fans und die Steuerzahler, die mit Fußball gar nichts am Hut haben. Mit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.
Konsens ist mittlerweile, dass sich daran etwas ändern muss. Und sei es wenigstens symbolisch. Aber wie? Da wäre der Weg, den Bremen seit einigen Jahren geht. Der Stadtstaat sieht den Veranstalter in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass seine Besucher sich anständig benehmen. Der Bremer Senat schickt deshalb immer wieder dem Fußballverein Werder Bremen die Rechnung für den intensiven Einsatz bei Hochrisikospielen. Nach zwei Instanzen und zwei unterschiedlichen Rechtsauffassungen liegt der Fall nun beim Bundesverwaltungsgericht. Dieser „Bremer Weg“ ist zu Recht umstritten. Denn wer diese Auffassung des Verursacherprinzips vertritt, bittet all jene zur Kasse, die irgendetwas veranstalten. Sei es ein großes Konzert, ein Schützenfest oder das Freundschaftsspiel der Handballer. Auch bei diesen Veranstaltungen benehmen sich einzelne Besucher daneben, trinken zu viel Alkohol und werden handgreiflich. Eine Grenze zu ziehen, ist also nicht leicht.
Selbst wenn man nur die Fußballklubs der Deutschen Fußballiga (DFL) zur Kasse bitten würde, entstünde auch hier eine Ungerechtigkeit. Denn nur die Klubs, hinter denen ein großer Sponsor mit dickem Geldbeutel wie VW, Red Bull oder SAP steht, können sich eine Kostenbeteiligung leisten. Für Vereine ohne Gönner würde eine Kostenbeteiligung bedeuten, dass sie nie erstklassig spielen werden. Denn wenn schon der Polizeieinsatz Geld kostet, dann sind gute Spieler nicht mehr bezahlbar. Es ist allerdings auch Teil der Wahrheit, dass die DFL pro Saison mehrere Milliarden einnimmt, aber nur ein paar Millionen in die Sicherheit investiert. Das darf so nicht bleiben. Es muss ein gemeinsamer Topf her, in den die Vereine einen festgelegten Anteil ihres Gewinns einzahlen. Aus diesem Topf muss die Sicherheit im Stadion bezahlt werden. Jeder Verein muss mit diesem Geld in die Lage und Verpflichtung gebracht werden, die Sicherheitsarchitektur wie Kameras und Ordner immer auf dem aktuellen Stand zu halten. Denn im Stadion sind die Vereine als Hausherren verpflichtet, für Sicherheit zu sorgen. Es kann nicht sein, dass die Polizei ständig eingreifen muss, weil der Sicherheitsapparat des Vereins nicht vernünftig aufgestellt ist.
Was allerdings außerhalb des Stadions passiert, ist nicht Sache der Vereine. Hier muss die Polizei die Hoheit behalten. Der Verein kann nicht dafür in Regress genommen werden, dass eine Handvoll Besucher seiner Veranstaltung sich nicht im Griff haben. Die naheliegendste Lösung ist also, die Verursacher an den Kosten zu beteiligen. Eine Änderung der allgemeinen Gebührenordnung, wie von der Polizei nun vorgeschlagen, wäre eine mögliche Lösung. Natürlich wird man darüber diskutieren müssen, für wen diese Gebühren wann greifen und für wen nicht. Ob der betrunken in der Innenstadt randalierende Obdachlose genauso zur Kasse gebeten werden muss wie der Hooligan. Doch entscheidend sollte nicht sein, wer zahlen muss, sondern warum er zahlen muss. Jemand, der sich vorsätzlich betrinkt, mit der schon im nüchternen Zustand gefassten Absicht, im enthemmten Zustand Randale zu machen, der sollte auch die Folgen seiner Entscheidung tragen müssen.
Mail an die Autorin dieses KommentarsDieser Artikel erschien in Ausgabe #218.