MdL Julia Retzlaff (links) gratuliert Gerhard Glogowski zum Geburtstag. Auch Sachsen-Anhalts früherer Innenminister Manfred Püchel und der Kommunikationsunternehmer Martin K. Burghartz sind zu den Feierlichkeiten gekommen. | Foto: Klaus Wallbaum

In der Dornse, dem traditionsreichen Altstadtrathaus von Braunschweig, hat der frühere Ministerpräsident Gerhard Glogowski schon so manchen seiner runden Geburtstage gefeiert. Diesmal, zum 80. des Ehrenbürgers der Stadt, bat Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) zu einem Empfang zu seinen Ehren. Viele alte Weggefährten waren erschienen, darunter zwei Bundesminister (Hubertus Heil und Boris Pistorius), ein Ministerpräsident (Stephan Weil), mehrere Oberbürgermeister und Landräte und auch ein früherer Vizekanzler (Sigmar Gabriel), der jedoch auffällig die ersten Sitzreihen mied und ganz hinten Platz nahm. Mehrere Reden kreisten vor allem um eine Frage: Was hat „Glogo“, so bis heute sein geläufiger Spitzname, so bekannt und populär gemacht – populär vor allem in seiner Heimat Braunschweig?

Die Antworten der Redner, durchweg Sozialdemokraten, hatten zwar unterschiedliche Schwerpunkte – waren sich aber in der Grundaussage einig: Glogowski ist immer bodenständig geblieben und Mensch, er wurde nie abgehoben. Und: Er hat einige klare Haltungen gehabt, diese mit voller Überzeugung vertreten und ist dabei trotz starkem Pragmatismus ein Politiker mit ethischen Maßstäben geblieben. OB Kornblum ging am Anfang auf die vehemente Interessenvertretung Glogowskis für Braunschweig ein, nannte ihn „den Braunschweiger Löwen“. Der habe auch gebrüllt, wenn es nötig war. „Deinen 90. Geburtstag, lieber Gerd, feiern wir dann in einer neuen Konzerthalle in Anwesenheit von Vertretern einer eigenständigen Braunschweiger Sparkasse und mit den ersten Absolventen der neuen Uni-Medizin in Braunschweig“, scherzte Kornblum in Anspielung auf aktuelle Forderungen und Pläne der Braunschweiger, die sich teilweise auch an das Land richten. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, der Nach-Nachfolger von Glogowski im Braunschweiger SPD-Bezirksvorsitz war, beschrieb den politischen Stil von Glogowski, der immer auf praktische Lösungen ausgerichtet gewesen sei – jedoch „nie theoriefrei und nie wertfrei“. Anders als andere seiner Generation (darunter viele reichere Bürgersöhne) sei Glogowski eben „kein typischer 68er gewesen“, keiner von denen, die über Proteste und Kundgebungen ihr Profil schärften. Glogowski, der als Schüler Hausaufgabenhilfe von Herbert Wehner erhalten hatte (Vater Glogowski war Fahrer der SPD in Bonn), habe sich früh in der Kommunalpolitik engagiert und den Menschen Hilfe geben wollen. Boris Pistorius, der vor 30 Jahren als Büroleiter von Innenminister Glogowski den Einstieg in die Politik fand, lobte dessen „klare, kurze und empathische Sätze“. Er habe als Minister immer die Nähe und das Gespräch gesucht – und auch die Gabe gehabt, mal mit einem schroffen und deutlichen Hinweis ungerechtfertigte Angriffe abzuwehren. Dafür sei er respektiert worden – „sofort war danach Ruhe im Saal“. Pistorius fügte hinzu: „Diese Prinzipien sind in der Politik etwas verloren gegangen.“

Viele spätere und heute noch aktive Politiker sind unter Glogowski gefördert worden und aufgestiegen, weshalb Heil von einer „Glogo School auf Government“ sprach. Ministerpräsident Stephan Weil, ein Hannoveraner, griff die Formulierung auf und sagte, er sehe in Glogowskis Wirken ein Erfolgsrezept für die Sozialdemokraten: eine klare Ausrichtung auf die innere Sicherheit, „klare Kante“ gegen jene, die diese gefährden – und ein normales, nicht-elitäres und nicht arrogantes Auftreten. „Wer das nicht im Blick hat, wird auf Probleme stoßen, spätestens am Wahltag.“ Auch Magdeburgs Oberbürgermeister Willi Polte sprach zum Jubilar, er wies auf dessen Verdienste in der Zeit der Wiedervereinigung hin. Im Frühjahr 1989, als die Braunschweiger in Magdeburg waren und die Städtepartnerschaft in die Wege leiteten, noch unter strenger SED-Regide, überreichte Polte, damals einfacher politisch interessierter Bürger, dem damaligen Braunschweiger OB Glogowski einen Brief mit Wünschen der DDR-Opposition. Glogowski steckte das Schreiben schnell ein – las es und vernichtete es dann wenig später noch im Hotel. „Ich tat das, um Polte zu schützen – denn es wimmelte damals von Stasi-Leuten bei diesem Termin“, erzählt Glogowski. „Schade, der Brief wäre heute ein schönes Dokument der Städtepartnerschaft.“ In seiner Dankesrede für die Ehrung erklärte der 80-Jährige, dass zu seinem Politikstil auch die deutliche Formulierung der Braunschweiger Interessen gehöre. Es sei ihm gelungen, viele Versuche der Landespolitik zur Schwächung Braunschweigs – etwa bei den öffentlichen Versicherungen – abzuwehren. In einigen Fällen, etwa beim Kommunalen Finanzausgleich, habe er Akzente zugunsten Braunschweigs setzen können. Bundesverteidigungsminister Pistorius erklärte, er habe seinerzeit Glogowski eng begleitet und sehr früh eine Lehre gezogen: „Es gibt keinen wichtigeren Termin als einen in Braunschweig.“