
Schafft es die FDP ein zweites Mal, sich aus der außerparlamentarischen Opposition heraus wieder ins politische Spiel zurückzukämpfen? Susanne Seehofer zumindest ist davon überzeugt und setzt sich nun an führender Stelle für die Rückkehr der Freien Demokraten ein. Doch dafür müsse sich auch in der Partei einiges ändern, ist die 34-jährige Münchnerin überzeugt. Im Rundblick-Podcast spricht das frisch gewählte Präsidiumsmitglied über interne Fehleranalysen und die Neuaufstellung der FDP. Dabei bekennt sie: „Welche Gruppe wir total vernachlässigt haben, sind die, nach denen immer alle rufen: die Leistungsträger.“ Sie meint damit Familien oder junge Menschen, die – „ohne etwas vererbt bekommen zu haben“ – mit eigener Anstrengung Ausbildung oder Studium wuppen. „Wir werden wieder gewählt, wenn wir klar für Aufstiegsversprechen sind“, fasst sie ihre eigenen Ausführungen zusammen. Dabei vergisst sie allerdings nicht den Schutz derjenigen, die weniger stark sind. „Für Anstrengung bieten wir was – du musst selber wollen. Aber wir sind trotzdem da für die, die es nicht mit eigener Kraft schaffen.“
Viele Menschen fragten sich, meint die FDP-Politikerin, ob das Pendel in die falsche Richtung geschwungen sei: „Ich werde immer mehr besteuert aber sehe nur alte Schulen – auch in einem Bundesland wie Bayern, das sich immer rühmt, Goldstandard zu sein.“ Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung habe ihrer Meinung nach viel damit zu tun, dass sich der Staat in einer Schieflage befinde: Auf der einen Seite werde der Apparat immer weiter ausgedehnt und vertraue seinen Bürgern immer weniger. Doch diese bekämen immer weniger dafür zurück. Das beste Rezept gegen jene, die sich von der liberalen Demokratie abwenden, sei ein funktionierender Staat, ist Seehofer überzeugt: „Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass in diesem Land Dinge wieder gelingen.“ Konkret spricht sie von der Deutschen Bahn, die verlässlich fahren müsse, von der deutschen Großstadt, durch die sie als Frau sicher hindurchgehen wolle, und von einem ordentlichen Kita-Platz mit funktionierender Hortbetreuung für die Kinder. All das sieht Seehofer auch im Zusammenhang mit einer starken Wirtschaft. Die Kommunikation darum sei der FDP jedoch zuletzt weniger gut gelungen. Die Botschaft müsse sein: „Wirtschaft ist nicht irgendwas Abstraktes für die da oben, sondern es betrifft jeden einzelnen von uns.“ Um wieder glaubwürdig zu werden, solle die FDP auch für „einen Wirtschaftsstandort, der zukunftsorientiert ist“ eintreten. Für Seehofer ist das ein Standort, „der nicht glaubt, mit Autobauen und Stahlgießen schaffe ich irgendwie Zukunft in Deutschland“. Und das sagt eine Nachhaltigkeitsreferentin beim Autobauer BMW.
Ein erster wichtiger Schritt zur Neuaufstellung der Partei sei die Wahl eines neuen Vorsitzenden gewesen, sagt Seehofer. Christian Dürr habe jetzt die wichtige Aufgabe, die Richtungsstreitigkeiten innerhalb der FDP zu befrieden. Der „Bindestrichliberalismus“, also die Unterscheidung in bürgerrechts-liberal und konservativ-liberal, sei ein Grund für die Kompromissunfähigkeit innerhalb der Partei – und damit Teil der Begründung, warum die FDP schon zweimal nach einer Regierungsbeteiligung aus dem Parlament geflogen ist. „Wir schaffen es nicht, wenn wir regieren wollen, immer unsere liberale Grundphilosophie durchzubringen. Diese Realität müssen wir erst einmal anerkennen, da sind andere Parteien besser.“

Mit ihrer Kandidatur für das FDP-Präsidium hat Seehofer, eine Tochter des früheren Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer, im Mai die Parteitagsregie ordentlich durcheinandergewirbelt. Denn abgestimmt war dieser Schritt nicht. In ihrer Bewerbungsrede sprach sie deshalb auch von „Disruption“, die nicht nur der Staat brauche, sondern auch die FDP als Partei. Ein Proporz, der vorher von den Landesvorsitzenden ausgehandelt wurde, sei ihrer Ansicht nach nicht gut. Im Rundblick-Podcast sagt sie, ein heterogenes Team bringe immer bessere Ergebnisse. Das gelte für die Familie, für ein Unternehmen oder eben für eine Partei. Sie selbst übernimmt im Präsidium jetzt die Aufgabe, die Talentförderung aufzubauen. Dass der neue Parteivorstand aus 66 Mitgliedern besteht, verteidigt Seehofer. Schließlich müssten die allermeisten die Parteitätigkeit jetzt neben einem Beruf jenseits der Politik im reinen Ehrenamt übernehmen. Da sei sie über jede liberale Kraft dankbar, die sich einbringt. Aus Bayern berichtet sie, dass der designierte neue Landesvorsitzende die Erwartung an die künftigen Vorstandsmitglieder formuliert hat, das Parteiamt mit Reisetätigkeit und aktiver Mitarbeit zu verbinden. Landesvorstand zu sein, sei kein „Laber Rhabarber“.