Wenn es für die SPD schlecht läuft, hätte sogar Pistorius seinen Wahlkreis nicht sicher
Der Wahlkampf ist so gut wie gelaufen – in den Umfragen hat es in den vergangenen Tagen nicht mehr viel Bewegung gegeben. So hoffen die Parteien in Niedersachsen nun vor allem auf ein für sie günstiges Landes-Ergebnis. Da die SPD hierzulande stets vergleichsweise gut abschneidet, gehen Strategen von einem überdurchschnittlichen Resultat aus. Bisher hatte die Niedersachsen-SPD 26 Bundestagsabgeordnete gestellt. Es könnten künftig, sollte es nicht gut laufen, etwa 17 werden. Relativ sicher scheinen die folgenden Gewinner in ihren Wahlkreisen zu sein – Johannes Saathoff (Emden), Siemtje Möller (Friesland), Dennis Rohde (Oldenburg), Lars Klingbeil (Heidekreis), Hubertus Heil (Peine), Johannes Schraps (Hameln), Adis Ahmetovic (Hannover), Matthias Miersch (Hannover-Land), Christos Pantazis (Braunschweig) und Benjamin Stern (Wolfsburg). Der Wahlkreis Hannover-Stadt II, in dem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius antritt, könnte auch von Swantje Michaelsen (Grüne) erobert werden. SPD und Grüne liegen hier nah beieinander.

Würde Pistorius seinen Wahlkreis verlieren, wäre das für die SPD eine historische Schlappe – da dieser Wahlkreis für den Süden der Landeshauptstadt seit jeher SPD-geprägt war, hier traten einst Kurt Schumacher und Erich Ollenhauer an. Sollte Pistorius als beliebtester Politiker bundesweit hier den Erfolg verfehlen, würde er vermutlich zwar über die Liste (Platz 3) in den Bundestag einziehen. Ein symbolischer Tiefschlag wäre es dennoch. Die Faustformel lautet so: Wenn die SPD in Niedersachsen 17 Mandate stellen kann, davon zehn Wahlkreise direkt erobert, könnten noch sieben Bewerber über die Landesliste in den Bundestag kommen. Eng würde es dann für jene, die ihren Wahlkreis nicht verteidigen und weiter hinten auf der Liste stehen – etwa die Abgeordneten Rebecca Schamber (Neustadt), Daniel Schneider (Cuxhaven), Daniela De Ridder (Nordhorn), Peggy Schierenbeck (Diepholz), Alexander Bartz (Vechta) und Angela Hohmann (Celle). Bitter würde es, sollte der SPD-Hoffnungsträger Adis Ahmetovic im Norden Hannovers gegen den Grünen-Kandidaten im Wahlkreis verlieren – denn Ahmetovic steht auf Listenplatz 25, also zu weit hinten für eine Rückkehr in den Bundestag über die Liste. Auch Christos Pantazis aus Braunschweig, ein SPD-Aktivposten, ist mit Position 19 weit hinten auf der SPD-Landesliste. Auch er braucht seinen Wahlkreis für den Verbleib im Bundestag.

In der CDU kann die Situation nach den derzeitigen Umfragen viel entspannter gesehen werden. Die Christdemokraten hätten sogar die Chance, bei einem richtig guten Wahlergebnis einige traditionsreiche und bislang ewig SPD-geprägte Wahlkreise zu erobern – beispielsweise in Hildesheim oder auch im Süden Niedersachsens. In Harburg oder Osnabrück-Stadt, wo die SPD 2021 einige spektakuläre Siege erreichte, deutet einiges auf die Rückkehr einer CDU-Dominanz hin. Und die Grünen? Sei setzen sehr stark auf die Großstädte, auf Hannover, Oldenburg und Göttingen. Dass Viola von Cramon (Grüne) den Wahlkreis 53 (Göttingen) gegen den CDU-Mann Fritz Güntzler und den SPD-Bewerber Thorsten Heinze gewinnen kann, hat nach derzeitigen Prognosen allerdings keine hohe Wahrscheinlichkeit. Von Cramon ist eine versierte Außenpolitikerin der Grünen auf Realo-Ticket, sie war bei der Aufstellung der Grünen-Landesliste von der linken Mehrheit im Landesverband fallen gelassen worden.
Dieser Artikel erschien am 21.02.2025 in der Ausgabe #035.