Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vollzieht eine Wende in der Wolfspolitik und kündigt an, das Thema zur Chefsache machen zu wollen. 40 Rudel seien mehr als genug, sagte er am Rande seiner Sommerreise gegenüber Journalisten. Weil möchte nun den Druck auf die Bundesregierung sowie die EU erhöhen, damit eine regional differenzierte Betrachtung der Wolfspopulation erlaubt und der Abschuss erleichtert wird.


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Er kündigte dazu eine Initiative der betroffenen Länder an – insbesondere im Osten sei das Wolfsproblem deutlich stärker ausgeprägt als in weiten Teilen der Bundesrepublik. Weil betonte, dass dieser Kurs auch mit den Grünen abgestimmt sei. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) hatte sich erst kürzlich im Landtag wieder für ein regional differenziertes Bestandsmanagement ausgesprochen.

Stephan Weil will den Wolf zur Chefsache machen. | Foto: GettyImages / GarysFRP

Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) lobte Weils Schritt, nimmt ihn aber auch in die Pflicht: „Er ist jetzt in der Verantwortung den Druck auf die grüne Bundesumweltministerin zu erhöhen, damit diese sich bei der EU für die umgehende Feststellung des sogenannten ‚guten Erhaltungszustandes‘ einsetzt, der lange gegeben ist. Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte unmissverständlich klargestellt, dass für sie auch Entnahmen im größeren Stil in Ordnung sind.“

Auch beim niedersächsischen Landesbauernverband nimmt man die Aussagen des Ministerpräsidenten wohlwollend zur Kenntnis. Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers erklärte gegenüber dem Politikjournal Rundblick: „Weil hat erkannt, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum große Sorgen in Bezug auf die Ausbreitung der Wölfe hat. Betroffen sind ja nicht nur Landwirte, die Schäfer oder die Weidetierhalter. Wir werten das als großen Schritt in die richtige Richtung und bieten eine konstruktive Zusammenarbeit auf allen Ebenen an.“

Finanzminister gibt Geld für Herdenschutz frei

Die Zusammenarbeit mit der Landesregierung wollte Ehlers, der auch Vorsitzender des „Aktionsbündnisses aktives Wolfsmanagement“ ist, noch zu Beginn der Woche aufkündigen und sich nicht mehr beim „Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf“ einbringen. Grund dafür war die ins Stocken geratene Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen, da der entsprechende Fördertopf geleert war, ohne dass Minister Meyer frühzeitig reagiert oder gewarnt hätte.



Wie das niedersächsische Umweltministerium am Donnerstagnachmittag mitteilte, stellt Finanzminister Gerald Heere (Grüne) nun aber kurzfristig weitere 3,7 Millionen Euro für die Subventionierung von Zaunbaumaßnahmen, weitere Schutzvorkehrungen und Entschädigungszahlungen bereit. Damit wird die Summe der Fördermittel in diesem Jahr mehr als verdoppelt. Bis Mai seien bereits 400 Anträge gestellt worden. Meyer sagte: „Wie versprochen: Es wird keinen Förderstopp geben, weder für Zäune zum Herdenschutz noch für Billigkeitsleistungen bei nachgewiesenen Wolfsrissen.“

Holger Buschmann, Vorsitzender des Nabu Niedersachsen, bezeichnete die zusätzlichen Millionen als positives Signal und „absolute Notwendigkeit“. „Das Rissgeschehen spielt sich nach wie vor zu über 80 Prozent auf gar nicht oder unzureichend geschützten Weiden ab. Ein korrekt umgesetzter und funktionstüchtiger Herdenschutz ist und bleibt also das wirksamste Mittel zum Schutz vor Wolfsangriffen“, kommentierte er die Berichterstattung am Freitag.


Aktualisiert am Freitag, 30.06.2023, 11:50 Uhr