19. Okt. 2021 · 
Umwelt

Wasserverbandstag erwartet Konflikte bei der Verteilung von Wasser

Wer darf das Grundwasser noch anzapfen, wenn die Reserven einmal knapp werden sollte? Experten zufolge ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es auch in Niedersachsen Konflikte um die Verteilung des Wassers geben wird. Im niedersächsischen Umweltministerium arbeitet man deshalb schon seit längerem an einem umfassenden Plan zum Wassermanagement. Bei einer Expertenanhörung zur Novelle des Wassergesetzes am Montag im Umweltausschuss des Landtags versuchte nun Godehard Hennies, Geschäftsführer des Wasserverbandstags, die Bevorzugung seiner Branche sicherzustellen.

Foto: rclassenlayouts

Es sei auffällig, dass dazu keine Regelung enthalten sei, kommentierte Hennies den Gesetzesvorschlag der Landesregierung. Er schlug vor, sich bei einer möglichen Formulierung an Rheinland-Pfalz zu orientieren. Dort heiße es sinngemäß und schlicht: „Die öffentliche Wasserversorgung genießt Vorrang gegenüber allen anderen Nutzungen des Grundwassers.“ Hennies bat inständig darum, diese Wertentscheidung vom Parlament treffen zu lassen. Es müsse eine Ordnung der Nutzergruppe geben, denn die Konkurrenz zwischen Naturschutz, Industrie, Landwirtschaft und anderen Gruppen nehme zu. Auf die Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Imke Byl, ob es zusätzlich noch eine Differenzierung innerhalb des öffentlichen Wassernetzes geben müsste, stellte Hennies klar: Es gehe um die öffentliche Wasserversorgung und nicht um die öffentliche Trinkwasserversorgung. Die erste Priorität müsse es sein, acht Millionen Menschen in Niedersachsen mit Wasser zu versorgen. Ob die Haushalte das Wasser als Trinkwasser, für die Hygiene oder eben auch für den privaten Pool nutzten, sei dann zunächst ihnen selbst überlassen. Wenn es dann in Extremlagen darum gehe, die Nutzung des Leitungswassers für einen Pool unterbinden zu müssen, gebe es andere Möglichkeiten.

„Die öffentliche Wasserversorgung genießt Vorrang gegenüber allen anderen Nutzungen des Grundwassers.“

Das Wassergesetz regelt allerdings neben der Entnahme von Wasser noch vielfältige weitere Aspekte vom Schutz der Reinheit der Gewässer, der natürlichen Entwicklung der Flüsse bis hin zum Rückhalt von Wasser. Zu den einzelnen Aspekten gab es in der Expertenanhörung noch weitere Anregungen:

Mehr Geld für die Kontrolle von Feldmieten: In der Landwirtschaft ist es in manchen Teilen noch immer gängige Praxis, festen Wirtschaftsdünger, Gärreste oder Silage einfach so auf der planen Fläche zwischenzulagern. Für einen gewissen Zeitraum ist das zwar erlaubt – die Nährstoffe, die dabei ins Wasser gespült werden, können dennoch problematisch sein. Die kommunalen Spitzenverbände schlagen deshalb vor, zum einen eine Anzeigepflicht für diese sogenannten Feldmieten ins neue Wassergesetz aufzunehmen, und zum anderen die unteren Wasserbehörden mit der standardmäßigen Kontrolle zu beauftragten. Allerdings, merkte Prof. Hubert Meyer vom Niedersächsischen Landkreistag an, müsse dieser Mehraufwand den Kommunen auch bezahlt werden. Rechne man diese Aufwendungen mit den zusätzlichen Kosten, die durch den „niedersächsischen Weg“ entstanden seien, zusammen, komme man laut Prof. Meyer auf 12,5 Millionen Euro, die das Land den Kommunen zahlen müsse.

Mehr Raum für Flüsse und Bäche: Viel Zustimmung gab es für die sogenannten Entwicklungskorridore, die die Landesregierung den Fließgewässern zubilligen will, um wieder etwas mehr Raum zu greifen. Susanne Gerstner, BUND-Landesgeschäftsführerin, merkte allerdings an, dass das Mehr an Raum nur relativ zu sehen sei – denn die Flüsse erhielten nur zurück, was sie vorher schon hatten. Zwei Kritikpunkte äußerte sie außerdem daran: Dass in den kommenden fünf Jahren nur drei solcher Korridore eingerichtet werden sollen, hält sie für zu wenig. Und dass Kritiker diese Korridore als „Beeinträchtigung von Unternehmensstandorten“ bezeichnen, verstehe sie nicht – angesichts der drohenden Zunahme von Überschwemmungen seien die flussnahen Standorte ebenfalls nicht mehr attraktiv.

Mehr Beratung vor Starkregen-Ereignissen: Matthias Görn, Betriebsleiter der Stadtentwässerung Hannover, appellierte an die Abgeordneten, im Gesetz weitere Anstrengungen für die Überflutungsvorsorge festzulegen. Die Wahrscheinlichkeit von Starkregen-Ereignissen nehme zu – die Kanalisationen seien darauf aber nicht vorbereitet. Görn setzt dabei aber nicht allein auf bauliche Maßnahmen, sondern vor allem auch auf Beratung. Seinen Berechnungen zufolge fielen in seinem Bereich für mögliche Ingenieursstellen bis zu 500.000 Euro Personalkosten an. Es sei allerdings gesetzlich nicht eindeutig geklärt, ob diese Kosten über Gebühren finanziert werden dürfen. Die Modellrechnung für Hannover ergäbe eine Gebührenerhöhung um zwei Cent, erklärte er – eine gesetzliche Festlegung hätte also keine „unkalkulierbare Gebührenentwicklung“ zur Folge. Gemessen an den Kosten, die durch eine Flutkatastrophe entstünden, würde das in seinen Augen aber tragbar. Unterstützt wird diese Forderung nach einer Präzisierung im Gesetzestext auch von zahlreichen anderen Städtentwässerungen in Niedersachsen.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #185.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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