7. März 2018 · 
Umwelt

Wasserverbände halten wesentlich schärfere Dünge-Vorschriften für unausweichlich

Die Grünen im Landtag verlangen, in Gebieten mit besonders intensiver Landwirtschaft die Regeln für den Gülle-Einsatz wesentlich zu verschärfen. Dazu lässt die Verordnung des Bundes, die seit vergangenem Jahr gilt, den Landesregierungen ausdrücklich die Möglichkeit. In einer Anhörung im Agrarausschuss wurde jetzt diskutiert, ob Niedersachsen diesen Weg gehen soll. Vertreter der der Trinkwasserversorger sprachen sich vehement dafür aus: „Seit 27 Jahren reden wir über Nitratrichtlinien, seit 17 Jahren über Wasserrichtlinien. Es wird jetzt Zeit, dass Niedersachsen als Agrarland Nummer eins hier Zeichen setzt und für massive Verbesserungen eintritt“, betont Godehard Hennies, Geschäftsführer des Wasserverbandstages. Eine enge Zusammenarbeit von Landwirten und Wasserunternehmen sei wünschenswert – und auch möglich. Auch Johannes Große Beilage vom Oldenburg-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV) unterstützte diese Position: „Es könnte die Situation kommen, in der Trinkwasser zu belastet ist und aufwendig aufbereitet werden muss. Das würde den Wasserpreis erheblich verteuern. Das müssen wir vermeiden.“ Wegen der erhöhten Nitratwerte im Grundwasser, die vor allem auf zu starke Düngung zurückgehen, hat die EU-Kommission im November 2016 Klage gegen die Bundesrepublik erhoben. Besonders betroffen ist Niedersachsen, da in den Gebieten mit der intensiven Tierhaltung im Westen des Landes eine große Menge Gülle anfällt. Der Verdacht besteht, dass viele Flächen hier bisher extrem überdüngt worden sind. Bund und Länder haben sich Anfang 2017 auf eine neue Düngeverordnung verständigt. Die Ausführungsbestimmung dazu, die Ende 2017 festgelegt wurde, enttäuscht aber viele Anhänger von schärferen Kontrollen, da sich die Vorschriften zur Erfassung von Stoffströmen nur auf größere Betriebe beziehen. Zuvor hatten gerade viele kleine Bauern geklagt, die Düngeverordnung bedeute unnötig viel Bürokratie. Holger Hennies, Vizepräsident des Landvolkverbandes, wiederholte das gestern noch einmal in der Anhörung: „Bei uns haben sich viele kleinere Betriebe gemeldet und gesagt, wenn sie die Auflagen erfüllen sollen, dann überlegen sie sich noch, ob sie ihre Schweinehaltung nicht besser abschaffen sollen.“ Die vielen Vorgaben seien „immens für viele Landwirte“, meinte auch Hermann Hermeling, Vizepräsident der Landwirtschaftskammer. Lesen Sie auch:   Deutlich für noch schärfere Auflagen sprechen sich dagegen die Vertreter der Verbände aus, die für die Wassererzeugung und die gute Trinkwasserqualität Verantwortung tragen. 60 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Niedersachsen sind bereits in der Karte als „rot“ gekennzeichnet. Das heißt, dort übersteigt der Nitrat-Wert pro Liter Grundwasser die 50-Milligramm-Marke. Würde nun eine Landesverordnung für bestimmte problematische Gebiete verfügt werden, so müsste die Behörden dafür drei aus 14 möglichen Vorgaben auswählen: das strikte Einhalten der Nitrat-Obergrenzen gehört dazu, die Verringerung von Phosphor-Einsatz und zusätzliche Bodenproben und -messungen. Die Bauern könnten zudem verpflichtet werden, größere Gülle-Behälter mit Fassungsvermögen für sieben Monate zu bauen oder die aufgetragene Gülle binnen einer Stunde in den Boden einzuarbeiten. Godehard Hennies vom Wasserverbandstag hält darüber hinaus noch weitere drastische Auflagen für unausweichlich: Die Gülle, die jeder Bauer verwendet, solle zuvor auf ihre Eignung untersucht werden, damit Überdüngungen vermieden werden. Jeder Bauer solle zudem nicht nur dokumentieren, welche Stoffe er abgibt und als Dünger aufnimmt, sondern dies auch der Düngebehörde detailliert melden müssen (was bisher noch nicht vorgeschrieben ist). „Das ist nur ein zusätzlicher Klick auf dem Computer, mehr Aufwand nicht.“ Nur wenn die Düngebehörde eine flächendeckende Übersicht habe, könnten auch die „schwarzen Schafe“, die gegen das Recht verstoßen und ihre Gülle illegal beiseite schaffen, identifiziert werden. Noch ein Problem kommt hinzu: Johannes Große Beilage vom OOWV erläuterte, dass die Sandschichten im Boden bislang sehr gut als Filter wirken und das Nitrat auffangen, sodass es nicht bis ins Grundwasser vordringt. „Wir wissen aber nicht, wie lange und wie gut diese Filter noch funktionieren. Es kann noch 100 Jahre so sein – oder schon übermorgen nicht mehr.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #46.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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