
Flüchtlingskrise hat den Kreis der Helfer erweitert
Rundblick: Aber kurz vor der Kampagne hatte auch die Flüchtlingsbewegung ihren Höhepunkt, bei der viele Menschen gemerkt haben, dass sie hin und wieder gern mal mit anpacken würden. Ist es da nicht zu kurz gegriffen, den Helferzuwachs der Kampagne zuzuschreiben? Wendler: Das tun wir auch nicht allein, denn die Flüchtlingskrise hat den Kreis erweitert. Durch sie haben wir Freiwillige kennengelernt, die wir über unsere klassische Arbeit gar nicht mehr erreichen können. Die Herausforderung ist jetzt allerdings, diese Interessierten zu halten. Denn der Trend geht zu einem kurz- bis mittelfristigen Engagement. Die meisten sind bereit, sich bei Projekten einzubringen oder bei Hochwasser Sandsäcke zu schleppen, doch ein Engagement über einen langen Zeitraum, das können sich heute weniger Menschen vorstellen als noch vor zehn Jahren. Das hängt natürlich mit der Kurzlebigkeit und Flexibilität zusammen, die viele heutzutage von ihrem Leben erwarten. Eine lange, zeitintensive Bindung an einen Verein passt da nicht mehr so recht hinein. Das stellt uns wiederum vor die Frage, wie wir unsere verschiedenen Tätigkeiten so ausbauen können, dass für alle was dabei ist. Daran arbeiten wir gerade in der Johanniter-Akademie.Lesen Sie auch: Johanniter: Ehrenamtliche brauchen eine bessere Anerkennung Pistorius rüstet Hilfsorganisationen für den Katastrophenfall
Rundblick: Um das langfristige Engagement attraktiver zu machen, fordern Sie deshalb von der Politik Bonusleistungen für Ehrenamtliche, die jahrelang in einem Verein aktiv waren. Etwa durch zusätzliche Rentenpunkte oder eine bessere Position bei der Studienplatzvergabe. Wendler: Wir wollen, dass Gesellschaft und Politik dem Ehrenamt mehr Anerkennung zollen. Plaketten und Dankesreden sind schön, doch sie sind ein Lob mit kurzer Wirkung. Zuwendungen wie beispielsweise die Anrechnung eines mehr als zehnjährigen Ehrenamts auf die Rente sind ein dauerhaftes Signal, dass das Ehrenamt in unserer Gesellschaft gewollt ist. Immerhin engagieren sich im Ehrenamt Menschen aus allen sozialen Schichten. Natürlich wissen wir, dass wir damit ein großes Rad drehen und das nicht von heute auf morgen umsetzbar ist. Aber man kann auf jeder politischen Ebene Maßnahmen treffen, um ehrenamtliches Engagement zu würdigen. Dabei geht es nicht um den großen monetären Vorteil, Ehrenamtliche freuen sich auch über Kleinigkeiten. In den meisten niedersächsischen Landkreisen gibt es zum Beispiel eine Ehrenamtskarte, mit der die Besitzer in verschiedenen Kultureinrichtungen Rabatt bekommen. Das ist finanziell nicht der große Sprung, aber es ist eine dauerhafte Geste der Dankbarkeit.