In zwei Gefängnissen in Nordrhein-Westfalen gibt es spezielle Abteilungen für chronisch Kranke und sterbenskranke Straftäter, in Niedersachsen sieht man derzeit dafür allerdings keinen Bedarf. Gegen eine zentrale Unterbringung spricht nach Meinung des Justizministeriums in einem Flächenland wie Niedersachsen die räumliche Trennung von Angehörigen. Eine zentrale Abteilung für schwerkranke Häftlinge würde Besuche erschweren und den Kontakt zur Familie einschränken, heißt es. Einem Medienbericht zufolge hatte Niedersachsen vor ein paar Wochen in Nordrhein-Westfalen angefragt, ob man dort den 96 Jahre alten Häftling Oskar Gröning übernehmen könne. Er war 2015 in Lüneburg wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen im Vernichtungslager Auschwitz verurteilt worden. Inzwischen soll das Land Niedersachsen aber entschieden haben, für Gröning einen Pflegedienst zu engagieren.

Viele sterbenskranke Straftäter in Lingen

In Niedersachsen prüft der Anstaltsarzt bei kranken Häftlingen im Einzelfall, inwieweit sie medizinisch und pflegerisch betreut werden müssen. Dabei können auch externe Pflegedienste zum Einsatz kommen. Wie man vorgeht, sei abhängig von den Gegebenheiten in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt. Einzelne Anstalten verfügen über kleine Bettenabteilungen im medizinischen Bereich. Die meisten sterbenskranken Straftäter werden in Niedersachsen allerdings in das Justizvollzugskrankenhaus in Lingen eingewiesen. In der Regel wird dort der Zustand der Haftunfähigkeit attestiert, der sich aus dem Paragraphen 455 der Strafprozessordnung ergibt. Wenn der Tod kurz bevorsteht, ist demnach die Strafvollstreckung aufzuheben. In Lingen wird dann in Absprache mit dem schwerstkranken Gefangenen organisiert, dass er in der Familie, einem Pflegeheim oder Hospiz angemessen untergebracht wird. Gelegentlich kommt es auch vor, dass Häftlinge im Gefängnis bleiben wollen. Auch das wird in solchen Fällen ermöglicht.

In der letzten umfangreicheren Erhebung hatten in niedersächsischen Gefängnissen 25 Insassen eine anerkannte Pflegestufe, 29 von ihnen eine anerkannte Schwerbehinderung. Größere demographische Veränderungen sind derzeit nicht auszumachen. In den vergangenen Jahren lag der Anteil der Gefangenen, die über 60 Jahre alt sind, bei etwa vier Prozent. Ob es demographisch bedingt mehr Pflegefälle in niedersächsischen Gefängnissen gibt, ist dem Justizministerium nicht bekannt. Änderungen im Bereich der Pflege sieht das Ministerium derzeit aber als nicht notwendig an. Ältere Gefangene, so heißt es, würden möglichst ruhig untergebracht und bekämen möglichst konstante Bezugspersonen unter den Bediensteten. Es gebe auch spezielle Sport- und Freizeitangebote für Senioren.