Warum die große Landesbanken-Lösung an regionalen Interessen scheitern wird
In den vergangenen Tagen war es immer deutlicher zu vernehmen: Die deutschen Sparkassen, zusammengeschlossen in einem Verband in Berlin, basteln an einem Konzept für die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB), die dringend eine Erhöhung ihres Eigenkapitals benötigt. Sie liebäugeln mit einer „Großfusion“, hieß es: Die Nord/LB würde mit der Helaba in Wiesbaden und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verschmelzen, die Fondsgesellschaft Deka könne man auch noch einbeziehen. Dieses Modell hat den Charme, dass zum einen die öffentlichen Banken ihre Kräfte bündeln würden, zum anderen der Einstieg eines privaten Investors in die Nord/LB abgewendet werden könnte. Gern verweisen die Befürworter darauf, wie schwerfällig sich die Kombination von öffentlicher und privater Bank bei der HSH Nordbank gestalten würde. Allein der Übergang vom Haftungsverbund der öffentlich-rechtlichen zum Haftungsverbund der privaten Banken ist bei der HSH ein nervenaufreibender, von Rückschlägen begleiteter und damit abschreckender Prozess.
Noch bevor aber die Landesbanken-Fusionsgedanken konkret werden, scheinen sie schon wieder wie Seifenblasen zu zerplatzen. Man spürt jetzt nämlich eine Gegenbewegung. „Die Helaba ist zu klein, die Nord/LB zu retten“, heißt es aus Kreisen der Landesregierung in Hannover. Also würde tatsächlich wohl nur ein Verbund mit der LBBW eine ausreichende Größe gewährleisten. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet mittlerweile aber von mehreren Widerständen aus Süddeutschland. Das Land Baden-Württemberg habe sich skeptisch gezeigt, die Stadt Stuttgart, auch Anteilseigner der LBBW, in Gestalt ihres Oberbürgermeisters Fritz Kuhn sogar strikt ablehnend. Über die Gründe kann man spekulieren: Sollte es eine Mega-Fusion der Landesbanken geben, die von Niedersachsen im Norden über Hessen bis zum Schwabenland reicht, so wäre der Sitz vermutlich verkehrsgünstig zentral gelegen – wohl am Bankenstandort Frankfurt, wo die Helaba ansässig ist. Das aber kann weder im Interesse der LBBW sein noch wirklich in dem der Nord/LB, denn der Verlust des Stammsitzes (hier Stuttgart, da Hannover) ist immer mit dem Risiko verbunden, einen Großteil der Arbeitsplätze einzubüßen.
Damit rückt wieder das Modell einer Beteiligung von Privatinvestoren an der Nord/LB in den Vordergrund – und hieran wird, wie das Politikjournal Rundblick erfuhr, auch sehr intensiv im Detail verhandelt. Wer der private Geldgeber sein wird, ob Investmentfonds-Manager wie Cerberus und Apollo oder auch die Commerzbank, zeichnet sich noch nicht konkret ab. Wohl aber gilt das für die Umstände. Während die Nord/LB sich allmählich intern saniert, Schiffskredite abwickelt und den Personalabbau intern vollzieht, bessern sich damit – für Außenstehende kaum erkennbar – die Rahmenbedingungen der Bank. Nun hat die EU-Kommission die Auflage erteilt, dass der Staat sich nur zu den Konditionen für die Nord/LB engagieren darf, die auch ein privater Investor bereit ist einzugehen – das heißt konkret: Jede Investition muss Aussicht auf eine Rendite (etwa in Form einer Dividendenausschüttung, die den Schuldendienst übersteigt) bieten. Da dies erst dann möglich sein kann, wenn der Sanierungsprozess der Nord/LB vorangeschritten ist, wird erklärlich, warum nach Monaten der Diskussion noch kein Modell für die Eigenkapitalstärkung der Nord/LB vorliegt. Womöglich müssen die Politiker noch abwarten, bis die Bank „reif“ ist für diesen Prozess. Dabei wäre hilfreich, wenn sie möglichst viele der „faulen“ Schiffskredite beiseite räumen kann.
Offenbar hat die EU-Kommission noch einen weiteren Hinweis an die Landesregierung gegeben: Ein finanzielles Engagement des Landes für die Nord/LB zu den geforderten marktüblichen Konditionen muss begleitet werden von einem Einstieg privater Geldgeber in die Nord/LB – und zwar zu genau denselben Konditionen. Geklärt werden muss nun, ob beide Seiten dann den gleichen Geldbetrag aufwenden müssen (also bei einem Kapitalbedarf von 3,5 Milliarden Euro je 1,75 Milliarden Euro vom privaten Investor und vom Land Niedersachsen), oder ob die anfangs angepeilte Aufteilung (eine Milliarde Euro vom Privatinvestor, 2,5 Milliarden vom Land) auch möglich wäre. Vom Ausgang der Verhandlungen in dieser Frage hängt ab, ob das Land Niedersachsen (bisher 59 Prozent) weiterhin die Mehrheit an der Nord/LB halten wird – oder ob der Privatinvestor größter Anteilseigner wird. Immerhin hat Finanzminister Reinhold Hilbers intern wohl schon signalisiert, dass er nicht auf der Mehrheit des Landes beharrt. Allerdings: Im begehrten öffentlich-rechtlichen Haftungsverbund kann die Nord/LB nach bisheriger Lesart nur bleiben, wenn sie weiterhin mehrheitlich öffentliche Eigentümer hat.
Die nächste spannende Frage ist die nach der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK), die bisher Bestandteil der Nord/LB ist, wohl aber eine gewisse Eigenständigkeit pflegt. Die Sparkassen und auch die Braunschweiger Kommunal- und Landespolitiker pochen darauf, die BLSK entweder auszugliedern aus der Nord/LB, in Landeshoheit oder gar in die Hoheit der Kommunen im alten Braunschweiger Land zu übertragen. Auf jeden Fall müsse vermieden werden, dass eine teilprivatisierte Nord/LB weiter die Obhut über die BLSK hat – denn damit werde das Tabu gebrochen, Sparkassen strikt von privaten Miteigentümern frei zu halten. So vehement diese Position auch vorgetragen wird, so fraglich ist es, ob die Sparkassen dazu am Ende auch stehen werden. Denn der Sparkassenverband Niedersachsen (SVN), der derzeit 26 Prozent an der Nord/LB hält, hat zu allererst ein Interesse an einer stabilisierten Bank und am beständig hohen Wert ihrer Einlagen. Wenn das am Ende nur über private Miteigentümer geht, werden die Sparkassen das vermutlich irgendwann auch stillschweigend akzeptieren – Prinzip hin oder her. (kw)
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