- Interne Vermerke belasten Sozialministerin noch stärker in der Vergabeaffäre
- Ist diese Sozialministerin noch zu halten?
- Sozialministerin soll Einfluss auf eine Auftragsvergabe genommen haben
Wahlkampfzeiten sind Zeiten von knappen Botschaften
Zwei Erklärungen liegen nahe. Erstens findet eine Ministerin, die politisch in schwere See gerät, vor allem dann Aufmerksamkeit, wenn ihr Verhalten die Regierung destabilisiert. Das ist hier – merkwürdigerweise – nicht der Fall. Denn die rot-grüne Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil hat bereits viele Stützpfeiler verloren, sie befindet sich in einem Übergangszustand bis zur Neuwahl. Die Mehrheit im Parlament ist verloren gegangen, eine Fülle an aktuellen Problemen lastet auf dem Kabinett. Ein möglicher Rücktritt einer Ministerin würde an dieser misslichen Lage nicht mehr viel ändern. Zweitens haben CDU und FDP ihre Botschaft, dass in der rot-grünen Landesregierung bestimmte Firmen mit Auftragsvergaben begünstigt worden seien, bereits gesetzt. Zwei Staatssekretäre mussten aus diesem Grunde gehen, eine dritte muss sich im Untersuchungsausschuss rechtfertigen. Da ändert die Sozialministerium, die mit einem ähnlich gelagerten Vorwurf konfrontiert wird, an der Qualität der politischen Kritik nichts mehr – höchstens an der Quantität. Aber diese ist am Ende unerheblich, denn Wahlkampfzeiten sind Zeiten von knappen Botschaften. Zu lange Aufzählungen oder Schilderungen von Einzelfällen schwächen eine zugespitzte Botschaft eher, als dass sie sie noch verschärfen könnten. Außerdem gilt: Jede Partei, die in den Wochen vor einer Wahl den Gegner angreift, setzt sich immer dem Vorwurf aus, sie verzerre und dramatisiere die Lage. Ihre Glaubwürdigkeit ist in Wahlkampfzeiten automatisch geringer – ganz unabhängig davon, wie berechtigt oder unberechtigt die Kritik in der Sache auch sein mag.Die Gesetze des Wahlkampfs – sie sind sonderbar und stellen oft auch die Logik auf den Kopf
Cornelia Rundt könnte am Ende diese Affäre politisch überstehen, jedenfalls bis zur Landtagswahl, weil ihr Fall wegen der Gesetze des Wahlkampfs nicht die gebotene Aufmerksamkeit finden kann. Noch ein anderer Gesichtspunkt kommt hinzu. Welchen Grund sollten CDU und FDP gegenwärtig haben, den Rücktritt dieser Ministerin zu erreichen? Eine geschwächte Cornelia Rundt kann in der gegenwärtigen Krise von Rot-Grün in Niedersachsen den Christ- und Freidemokraten sehr viel mehr nützen – zumal sie dann auch behaupten können, dass dem Ministerpräsidenten die Kraft zur Entlassung einer eigentlich untragbaren Ministerin fehle.
Die Gesetze des Wahlkampfs – sie sind sonderbar und stellen oft auch die Logik auf den Kopf. Das ist wie Karneval in Köln: Alles ist irgendwie ein bisschen verrückt. Und Aschermittwoch ist erst am Abend des 15. Oktober.
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