Waldeigentümer: „Landkreise übertreiben es mit dem Naturschutz“
Der Waldbesitzerverband Niedersachsen, mit 100.000 Mitgliedern eine personalstarke Organisation, protestiert gegen die aktuellen Regeln im Land Niedersachsen, die den Umgang mit den „Natura-2000“-Gebieten betreffen. „Man hat fast den Eindruck, als solle hier der Wald vor seinen Eigentümern geschützt werden“, sagt der Landesvorsitzende Norbert Leben aus Egestorf (Kreis Harburg). Dies sei aber „widersinnig“, denn die Waldeigentümer hätten die Forstflächen über Jahrhunderte gehegt und gepflegt. Die Auflagen, die jetzt aus Gründen der FFH-Sicherung verhängt würden, würdigten diesen Einsatz nicht. Hinzu komme, dass die Waldbesitzer nicht angemessen beteiligt werden, wenn die Kommunen neue Verordnungen erlassen. „Wir prüfen jetzt, ob wir auch rechtlich gegen einige Landkreise vorgehen sollten“, erklärte der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.
In Niedersachsen gibt es etwa 1,2 Millionen Hektar Wald. 335.813 Hektar gehören dem Land, hinzu kommen 26.600 Hektar, die Eigentum der Klosterkammer sind. Entgegen der verbreiteten Ansicht sind die meisten dieser Flächen nicht staatseigen, sondern gehörten privaten Eigentümern – nämlich 59 Prozent. Die Durchschnittsgröße, die auf einen privaten Eigentümer kommt, ist zwischen elf und zwölf Hektar. In den zurückliegenden Jahren hatte es heftige Auseinandersetzungen um die Ausweisung der „Natura-2000“-Flächen gegeben. Die alte rot-grüne Landesregierung beschritt den Weg der Deklaration von Naturschutzgebieten, die auch erhebliche Einschränkungen der wirtschaftlichen Nutzung nach sich ziehen. Die neue Große Koalition überarbeitete zwar die Vorgaben, beließ es aber dabei, den Landkreisen die Zuständigkeit zu überlassen.
Dies ist aus Sicht des Waldbesitzerverbandes nun keine befriedigende Lösung. „Viele Landkreise bleiben nach wie vor beim klaren Primat des Naturschutzgebietes – und gehen damit über die von der EU verlangten Auflagen klar hinaus. Der Naturschutz bekommt dadurch ein zu großes Gewicht und die Verhältnismäßigkeit geht verloren“, sagt Leben. Im Kreis Osterholz etwa sei ein Naturschutzgebiet doppelt so groß ausgewiesen worden wie das eigentliche „Natura-2000“-Gebiet. In vielen Kreisen sei der Prozess der Unterschutzstellung noch am Laufen – und ähnlich wie im Kreis Osterholz stelle man auch in anderen Gegenden fest, dass die Landkreisverwaltungen die Auflagen zu einseitig im Sinne eines die Bewirtschaftung stark einschränkenden Naturschutzes und mit zu wenig Rücksicht auf die Waldeigentümer umsetzten. Das gelte etwa für den Heidekreis, den Kreis Hameln-Pyrmont und den Kreis Osnabrück.
Die „Natura-2000“-Auflagen legen beispielsweise im Kreis Osnabrück für den Teutoburger Wald fest, dass jeder Waldeigentümer nur auf 65 Prozent der Fläche eigentlich schlagreife Bäume abholzen dürfe. Das Sicherheitsrisiko bei zusätzlich geforderten Altholzbäumen, die bis zum natürlichen Zerfall belassen werden müssen, sei ein großes Problem. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Baumhöhe von 25 Metern muss ein 50-Meter-Radius wegen der Arbeitssicherheit eingehalten werden. Weitere Forderungen des Naturschutzes sind je Hektar mindestens drei Stück totes Holz, dass „lebensraumtypische“ Arten gepflanzt werden müssen, dass nur alle 40 statt bisher 20 Meter eine Rückegasse angelegt werden darf und dass keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen. „Kleine Privatwaldbesitzer sind mit diesen Bewirtschaftungseinschränkungen quasi enteignet“, meint der Waldbesitzerverband.
Forstliche Betriebswirtschaftler hätten errechnet, dass der jährliche Ertragsverlust für einen Waldbesitzer, der zugunsten der Buche auf Nadelhölzer verzichten muss, bei jährlich 130 Euro je Hektar liegt. Der Verband fordert nun, dass die Landkreise nicht über die im EU-Recht verankerten Regeln hinausgehen dürfen, dass Grundeigentümer von den Naturschutzbehörden stärker einbezogen werden müssen und dass es einen Erschwernisausgleich für wirtschaftliche Verluste auch in Landschaftsschutzgebieten geben müsse, wie von der Politik versprochen worden sei.