22. Okt. 2023 · 
Parteien

Wagenknecht-Partei kann mit vielen Helfern aus Niedersachsen rechnen

Am Montag, 23. Oktober, wird die bekannte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht einige Geheimnisse lüften. Sie dürfte verkünden, dass im Januar 2024 eine neue Partei gegründet wird. Zu deren Vorbereitung gibt es einen Verein, das sogenannte „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW). An der Spitze dieser Organisation steht ein Niedersachse, der Oldenburger Ratsherr, Theologe und Wagenknecht-Vertraute Jonas Höpken.

Jonas Höpken | Foto: Fotostudio Wöltje/Die Linke Oldenburg

Insider berichten, dass dieser Mann zunächst für organisatorische Fragen eine Rolle spielt, nicht aber als Leitfigur neben Wagenknecht. In diese Funktion dürften in den kommenden Wochen und Monaten noch andere Namen treten, die bisher noch im Hintergrund bleiben. Einer könnte vielleicht der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer sein, der bisher eine eigene Mini-Partei hat, in Großstädten muslimische Wähler anlocken will und eine ausgeprägte Amerika-Gegnerschaft pflegt. In diesem Punkt liegt er mit Wagenknecht auf einer Linie.

Die große Hoffnung, die viele politische Beobachter mit der neuen Wagenknecht-Partei verknüpfen, richtet sich auf die rechtspopulistische AfD, die derzeit einen Höhenflug in den Umfragen erlebt und nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen eine Art Aufbruchstimmung spürt. Vermutlich wird die Wagenknecht-Partei eine gewisse Bandbreite an Strömungen und Meinungen anbieten, in drei Punkten aber einen deutlichen Kontrast zu SPD, CDU, Grünen, FDP und Linken betonen: Erstens ist mit einer Distanz gegenüber den USA und der westlichen Welt zu rechnen, umgekehrt dann mit einer Grundsympathie für Russland. Daraus dürften auch Rufe nach einer Verständigung mit Putin nach dessen Überfall auf die Ukraine folgen. Das sind Positionen, wie sie sich etwa in Niedersachsen auch auf dem linken SPD-Flügel finden lassen.

Zweitens wird die Zuwanderung nach Deutschland vermutlich sehr kritisch gesehen, verbunden mit der Forderung den Zuzug weiterer Asylbewerber zu unterbinden oder wenigstens sehr streng zu reglementieren. Drittens ist mit der drastischen kulturellen Absage an Formen der Gender-Sprache zu rechnen. Mit diesem Angebot will die Wagenknecht-Partei sowohl in der linken Arbeiterschaft Stimmen gewinnen, aber auch in dem Klientel, das bisher der AfD zuneigt. Gleichzeitig dürfte sie im Ton nicht übertreiben. Denn sie will – anders als es die AfD ist – für CDU und SPD koalitionsfähig werden. Man hört von acht der 38 Linken-Bundestagsabgeordneten, die ziemlich bald zur Wagenknecht-Partei wechseln dürften, darunter die bisherige Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali aus Oldenburg, die zudem Höpken nahe steht. Sie sitzt heute neben Wagenknecht bei der Pressekonferenz auch auf dem Podium.

Amira Mohamed Ali | Foto: Olaf Krostitz

Die frühere Landesvorsitzende Heidi Reichinnek aus Osnabrück zögert noch mit einer Beteiligung an der neuen Gruppierung, ihr Mit-Vorsitzender Lars Leopold aus Alfeld, der nur noch kommunalpolitisch aktiv ist, gehört sicher zum Wagenknecht-Team. Im Hintergrund wirkt auch ein jahrelanger enger Vertrauter von Wagenknecht, der frühere Landesvorsitzende und Musikmanager Diether Dehm. Er arbeitet seit vielen Jahren an einem breiten politischen Bündnis, das der Linkspartei neue Einflussmöglichkeiten ebnen soll. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass alle Akteure des jetzt erstmals öffentlich auftretenden Vereins BSW mit einem Parteiausschlussverfahren bei der Linkspartei konfrontiert werden. Für Höpken gilt das bereits. Die Bundestagsfraktion wird mit dem Austritt einiger Abgeordneter ihren Status als Fraktion einbüßen.

Diether Dehm | Foto: Die Linke

Die Europawahl Anfang Juni soll der erste Bewährungstest für die neue Partei werden, die Bundesliste dafür dürfte dann im Frühjahr aufgestellt werden. Intern umstritten ist offenbar noch, ob die neue Wagenknecht-Partei auch zur Kommunalwahl in Thüringen antreten soll, die für den 9. Juni geplant ist. Falls ja, müssten dafür jede Menge Kandidaten in Thüringen gefunden werden. Dass die neue Partei auf jeden Fall aktiv wird bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September 2024, scheint klar zu sein.

Todesstoß für die alte Linkspartei?

Das könnte auch das Todesurteil für die alte Partei „Die Linke“ sein, die in Thüringen mit Bodo Ramelow noch den Ministerpräsidenten stellt. Die Wagenknecht-Partei rechnet sich wohl Chancen aus, in allen drei ostdeutschen Bundesländern die stärkste Partei zu werden – und dann den Ministerpräsidenten stellen zu können. Gelänge dies, so wäre das nach derzeitigem Stand vor allem ein großer Erfolg gegen die AfD. Aber der Weg dahin bedeutet für die Wagenknecht-Partei einen riesigen Kraftaufwand bei der Suche nach geeigneten Persönlichkeiten für die vorderen Plätze der Landeslisten.


Dieser Artikel erschien am 23.10.2023 in Ausgabe #183.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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