16. Aug. 2017 · 
Kommentar

VW-Debatte: Große Unterschiede vor und hinter den Kulissen

Darum geht es: Der Landtag hat über den politischen Umgang mit dem VW-Konzern und die Landesbeteiligung an dem Autokonzern diskutiert. Ein Kommentar von Martin Brüning. Die Politik ist ein bisschen wie Theater. Manchmal werden auf der Bühne unterschiedliche Stücke zum selben Thema gespielt. Und es ist auch nicht immer deckungsgleich, was sich vor und hinter den Kulissen abspielt. Die Diskussion um den Umgang mit dem Volkswagen-Konzern ist ein Exempel dafür. Das lässt sich nach der gestrigen Debatte im Landtag an zwei Punkten deutlich machen.

  1. Der Schaukampf um die VW-Beteiligung

„Finger weg vom VW-Gesetz!“, rief die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder gestern im Landtag. Als Beleg für die mögliche Gefährdung der Landesbeteiligung dienten ihr Privatisierungsgedanken des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Michael Fuchs, und des Vorsitzenden der Freien Demokraten, Christian Lindner. Der Einfluss des ersteren, einer der wenigen verbliebenen wirtschaftsliberalen Unions-Politiker, ist in der Bundespolitik allerdings gleich null. Und der zweite ist Vorsitzender einer Partei, die derzeit nicht einmal im Bundestag vertreten ist. Beide können den lieben langen Tag viel fordern, was niemals Wirklichkeit werden wird.
Das Thema Verkauf der Landesanteile bleibt eine Phnatomdebatte
Im Landtag wurde gestern deutlich, dass in der niedersächsischen Landespolitik nirgendwo eine Forderung zu vernehmen ist, die Landesbeteiligung zu verkaufen. Nicht einmal für die niedersächsische FDP, wo einige wenige ordnungspolitisch Überzeugte höchstens hinter vorgehaltener Hand das Thema VW-Verkauf noch anzusprechen wagen, wird der Verkauf thematisiert. Er stehe nicht zur Diskussion, stellte der Parteivorsitzende Stefan Birkner gestern klar. In der CDU findet sich für so eine Forderung ohnehin niemand. So bleibt das Thema eine Phantomdebatte. Es dürfte also für alle Parteien – auch für SPD und Grüne - kein Problem sein, der sinnvollen Maxime des Ministerpräsidenten zu folgen und das Thema nicht zu einem Spielball des Wahlkampfs werden zu lassen.

  1. Der Umgang zwischen Politik und Autokonzern

Über Jahre hinweg war die Landesbeteiligung für die Landespolitik eine feine Sache. Ministerpräsidenten und Landesminister kamen im 3. Stock des VW-Hochhauses mit der Wirtschaftselite an einen Tisch. Näher kommt man in der Politik den Bossen selten. Das lief gut, so lange es bei VW gut lief. Stephan Weil und Olaf Lies hatten einfach Pech. Zuerst kam der Konzern durch die Diesel-Krise ins Straucheln, dann nervten Debatten über die absurden Boni für VW-Manager und jetzt kommt auch noch der Kartell-Skandal hinzu. Gerade für die SPD-Vertreter ist die neu entbrannte Debatte über das enge Verhältnis zwischen Politik und Autoindustrie, das in Niedersachsen naturgemäß noch etwas enger ist, eine unschöne Sache. Während SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz über „millionenschwere Manager“ herzieht, kommt Stephan Weil ihnen für einen SPD-Politiker gefährlich nahe. Dem Wähler kann man das nur schwer erklären. https://soundcloud.com/user-385595761/lies-will-mehr-transparenz-in-sachen-volkswagen Aber auch hier ist der Ton hinter den Kulissen gemäßigter. Zwar werden die Fehler der Landesregierung klar benannt, die seit Jahren für die Kontrolle eines Weltkonzerns nicht einmal im Ansatz angemessen aufgestellt ist. Als würde Fußball-Bundesligist Hannover 96 mit nur einem Spieler auf dem Feld versuchen, das Spiel der Bayern zu kontrollieren und sich dabei auch noch vom Bayern-Trainer Tipps geben lassen – so sieht die Landeskontrolle von Volkswagen aus. Auf der anderen Seite ist der Opposition durchaus bewusst, dass die Konstellation heikel ist und jede Regierung vor dieselben aktienrechtlichen Probleme gestellt werden könnte. Nach der Wahl könnte sich die Debatte ein wenig beruhigen. Der Vorschlag eines VW-Ausschusses ist nicht nur ein sinnvoller Vorschlag von Wirtschaftsminister Olaf Lies. Er reicht damit auch der Opposition die Hand, spätestens nach der Wahl gemeinsam sachlich nach Lösungen zu suchen – vor und hinter den Kulissen. Mail an den Autor dieses Kommentars
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #140.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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