VW-Ethik-Vorstand: „Einen zweiten Skandal würden wir nicht überstehen“
Nach dem Dieselskandal hat Volkswagen eine breite unternehmensinterne Kulturoffensive gestartet. Darauf hat Hiltrud Werner, Vorstand für Integrität und Recht bei dem Wolfsburger Autobauer, am Abend bei einer Veranstaltung in Hannover hingewiesen. „Jeder Skandal hat seine eigene Geschichte und kann überall ausbrechen. Deshalb müssen wir in die Köpfe aller bei Volkswagen, weil wir einen zweiten Skandal nicht überstehen werden“, sagte Werner.
Sie sprach von einem schwierigen Start ihres Ressorts bei Volkswagen. „Brauchen wir das? Wir sind doch nicht alle Verbrecher“, sei zu hören gewesen. Es habe eine ganze Menge Aufklärung gebraucht. Man habe die Krise bei Volkswagen aber auch von Anfang an als Chance verstanden. „Die Krise hat innerhalb des Unternehmens sehr viel beschleunigt.“ Werner zufolge benötigen Unternehmen nicht nur ein sehr robustes Wertegerüst, an dem man beständig weiterarbeiten müsse, sondern auch hundertprozentige Transparenz.
Inzwischen würde vieles sehr konkret hinterfragt, zum Beispiel der Kobalt-Abbau, der für die Elektromobilität nötig sei. Hier müsse man sich Gedanken über die gesamte Lieferkette machen. „Uns gehören keine Minen, wir kaufen Kobalt ein und sorgen dafür, dass wir wissen, aus welchen Bergwerksbetrieben es kommt. Wir kümmern uns um Zertifizierungsverfahren und kontrollieren das auch.“ Dafür müsse man mit zertifizierten Instituten zusammenarbeiten, die direkt im Land den Abbau kontrollierten und Unregelmäßigkeiten meldeten.
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Frank Maier, Vorstand für Innovation des Automatisierungsunternehmens Lenze in Aerzen, hält es dagegen für illusorisch, eine Lieferkette bei Kobalt bis ins kleinste Detail zu kontrollieren. Man müsse die Mitarbeiter aber sensibilisieren. Maier warb für Optimismus. „Es ist nicht so, dass es früher keine Ethik in Unternehmen gegeben hat. Manager sind auch nur Menschen. Man findet auch dort alles – vom Menschen mit krimineller Energie bis zum Philanthropen.“
Wenn vier Prozent der Menschen sich unethisch verhielten, wenn sie die Gelegenheit erhielten, muss man Hiltrud Werners Meinung nach diesen Anteil in Beförderungsprozessen verringern. „Man muss die Besten befördern, die sich auf der nächsten Ebene ethisch verhalten. Dann habe ich irgendwann null Prozent ‚Verbrecher‘ im Management.“ Dabei sei auch wichtig, dass die Führung mit gutem Beispiel vorangehe. Der VW-Vorstand lasse sich einmal im Quartal zu neuen Themen der Compliance, also der Einhaltungen von Gesetzen und Richtlinien, schulen und lade sich dafür Experten ein.
Professor Ulrich von Jeinsen, Vorsitzender des Kuratoriums der Kurt-Alten-Stiftung, die die Veranstaltung zusammen mit der Leibniz Universität Hannover organisiert hatte, beobachtet in Deutschland vor allem, dass Compliance in den Unternehmen von oben organisiert werde. Er wünscht sich mehr „Compliance von unten“. Berufseinsteiger sollten ethisches Handeln nach ihrem Studium mit dem Eintritt ins Unternehmen mitbringen, damit es nicht von oben angeordnet werden müsse.
Die Staatssekretärin im Wissenschaftsministerium, Sabine Johannsen, appellierte an die Unternehmen, das Thema Nachhaltigkeit und Ethik noch stärker in den Fokus zu nehmen. „Ethisches Handeln zahlt auf die Rendite ein. Wer sich unethisch verhält, geht das Risiko ein, dass es für ihn überhaupt keine Rendite mehr gibt.“