
In kleinen Schritten zur Modernisierung der Bundeswehr
Die Umstände waren dann aber doch etwas anders als geplant. Zum einen ist Schostok nicht mehr im Amt, also auch bei der Veranstaltung abwesend, und da seine ehrenamtlichen Stellvertreter Thomas Hermann (SPD) und Klaus-Dieter Scholz erkrankt sind, muss Vize-Bürgermeisterin Regine Kramarek (Grüne) das Wort ergreifen. Sie tut es außerordentlich geschickt, lobt Schnittkers Bemühungen für die Integration der Bundeswehr in die Stadtgesellschaft und erinnert an Zeiten, in denen das Verhältnis zwischen den Soldaten und ihrem Umfeld weniger entspannt war. Früher, als in Hannover noch die erste Panzerdivision ansässig war, waren Veranstaltungen der Bundeswehr, etwa feierliche Gelöbnisse, nicht selten von Protesten radikaler Gruppen begleitet. Manchmal hatte man bei den Soldaten damals eine Tendenz bemerkt, sich zurückzuziehen und die öffentliche Präsentation zu meiden. Und heute? „Es ist kein Zufall“, sagt Kramarek, dass ausgerechnet in Hannover der neue Traditionserlass der Bundeswehr unterzeichnet wurde, ein Schriftstück, das ein klares Bekenntnis zur demokratischen Prägung der Armee enthält. „Und es ist auch kein Zufall“, fährt die Bürgermeisterin fort, dass die hannoversche Kaserne umbenannt wurde nach einem Hauptfeldwebel, der in Afghanistan gefallen war. Kein Zufall, weil Schnittker in kleinen Schritten die Reform der Bundeswehr gefördert hat? Weil er ganz gezielt auf das öffentliche Agieren seiner Truppe setzt? Wohl auch. Daneben aber kann auch der Bundesverteidigungsministerin ein Anteil zugeschrieben werden, ihr Wahlkreis ist Hannover, ihr Anliegen ist immer die Modernisierung der Bundeswehr gewesen – allen aktuellen Widrigkeiten ihrer Amtsführung zum Trotz.Schnittker: Bundeswehr nicht kaputtsparen
Zum Festakt nach Hannover sind zahlreiche Bundestags- und Landtagsabgeordnete gekommen, an der protokollarischen Spitze steht Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg. Vertreter von Verbänden, Parteien und Organisationen sind erschienen, sehr viele Soldaten – der ranghöchste ist Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis. Der „Marsch der Feldjäger“ wird gespielt, dann der „Marsch der Streitkräftebasis“, und als der bisherige Kommandeur und der Inspekteur die Ehrenformation abschreiten, erklingt der „Preußische Präsentiermarsch“. Das sind sehr viele Formalitäten und sehr viel traditionelle Schritte, und eigentlich verbietet es sich für alle Redner bei dieser Gelegenheit, auf kritische Punkte hinzuweisen. An einer Stelle tut es Schnittker dann doch, als er nämlich mit einer kleinen Randbemerkung auf die mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr zu sprechen kommt. Die Feldjäger müssten ihre Arbeit, die einer Polizeitätigkeit etwa auf Auslandseinsätzen gleicht, professionell und kompetent erledigen können. „Dazu müssen wir sie bestens ausbilden und ausstatten“, ruft Schnittker – und bemerkt, dass niemand die Bundeswehr „kaputtsparen“ dürfe. Es ist aber noch viel mehr an staatlicher Unterstützung für die Soldaten möglich, wie Inspekteur Schelleis mit Verweis auf die bereits mit den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern abgeschlossenen Vereinbarungen erläuterte: Dort könnten Feldjäger nach Beendigung ihrer Bundeswehrzeit mit einer verkürzten Überleitung in den Polizeidienst wechseln. „Auch ein Verdienst von Schnittker“, betont Schelleis. Speziell von Niedersachsen ist hier jedoch dann nicht die Rede, offenbar sind die Kontakte zwischen Landesregierung und Bundeswehr nicht die allerengsten. Als der Inspekteur vorträgt, wird der Regen noch etwas kräftiger. Viele der Besucher tragen eine Plastik-Schutzkleidung, um sich wenigstens grob gegen die Nässe zu schützen. Die Soldaten hingegen haben nur ihr Barett – und sie müssen das Wetter tapfer aushalten. Das geht bis auf die Haut. (kw)Lesen Sie auch: Schnittker: „Die Beschaffung dauert lange, oft sehr lange“