Vergabeaffäre im Wirtschaftsministerium: Die angeschlagene Staatssekretärin
Darum geht es: Wirtschafts-Staatsekretärin Daniela Behrens ist durch einen Fehler in einem Vergabeverfahren massiv in die Kritik geraten. Die Opposition fordert sie auf, ihr Amt ruhen zu lassen. Ein Kommentar von Martin Brüning.
Ausgerechnet an ihrem Geburtstag lief es für Daniela Behrens am Freitag alles anders als erfreulich. Gleich am Morgen musste sie vor dem Wirtschaftsausschuss des Landtages Abbitte leisten und einen kräftigen Patzer in einem Vergabeverfahren erklären. Sie hatte sich bereits vorab mit der Agentur Neoskop getroffen und die Neukonzeption einer Internetseite besprochen, die am Ende auch das Vergabeverfahren gewann. „Ich stehe in der Verantwortung und möchte mich für die vorgekommenen Fehler in aller Form entschuldigen“, räumte Behrens gleich am Morgen ein. Das ehrt sie, und das muss zunächst einmal festgehalten werden. Nicht immer ist es in der Politik der Fall, dass umgehend Verantwortung für Fehler ohne Wenn und Aber eingestanden wird.
[caption id="attachment_17274" align="aligncenter" width="780"] Im Wirtschaftsausschuss des Landtages stellte sich Daniela Behrens den Fragen der Abgeordneten - Foto: MB.[/caption]
Dennoch ist der gesamte Vorgang im Ministerium natürlich höchst fragwürdig. Da wird eine Agentur im Vorfeld eines Vergabeverfahrens bevorzugt behandelt, die dann im Anschluss mit dem teuersten Angebot der acht Wettbewerber das Verfahren gewinnt. Das Budget für die zu erstellende Internetseite lag bei 200.000 Euro, das Angebot der Agentur bei 180.000 Euro – „einen Schnaps darunter“, wie FDP-Fraktionsvize Jörg Bode sagte. Da aber der Preis nur mit 30 Prozent und die – vorher besprochenen – Inhalte mit 70 Prozent bewertet wurden, ging die Agentur als klarer Sieger aus dem Verfahren hervor.
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Wie konnte es dazu kommen? Von außen betrachtet ergibt sich das Bild eines Ministeriums, in dem sich eine kleine Gruppe von den geltenden Regeln absetzt. In diesem Fall wäre dem Wirtschaftsministerium systemisches Versagen vorzuwerfen. Zugegeben: Die Verfahren in einer Behörde sind mühsam und unterscheiden sich deutlich von der Entscheidungsfreiheit in privaten Unternehmen. Insofern wäre ja das Engagement für den neuen Internetauftritt sogar zu begrüßen, wenn es dabei nun aber einmal nicht zu einem unfairen Wettbewerb und zu hohen Kosten für die Steuerzahler gekommen wäre. Die Relation zwischen den Kosten von 180.000 Euro und der Zahl von monatlich 12.700 Besuchern erscheint unangemessen, erst recht wenn man weiß, dass andere Anbieter deutlich günstiger waren. Und das eingestandene Gemauschel ist gerade für diese Landesregierung schmerzhaft, die sich die Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat.
Schwierig ist die Antwort auf die Frage, ob es nur Vorsatz oder Fahrlässigkeit war. SPD und Grüne halten es nur für einen einfachen Patzer, CDU und FDP im Landtag vermuten Vorsatz und fragen sich, warum Wirtschaftsminister Olaf Lies seine Staatssekretärin noch nicht entlassen hat. Dies zu fordern ist das gute Recht der Opposition. Dennoch sollte das Gesamtbild bei einem solchen Schritt eine Rolle spielen. Dann ist zu hinterfragen, ob allein dieser Fehler für eine Entlassung bereits ausreicht oder ob jemand, der sich ohne Umschweife zu seiner Verantwortung bekennt, nicht eine zweite Chance verdient. Wenn es derzeit auf der einen Seite en vogue ist, eine neue positive Fehlerkultur zu etablieren, kann man nicht auf der anderen Seite bei jedem Fehler gefeuert werden.
Dennoch ist Daniela Behrens politisch angeschlagen.
Mail an den Autor dieses KommentarsDieser Artikel erschien in Ausgabe #90.