Der Verdi-Landesvorsitzende Detlef Ahting befürwortet die Ausweitung von Heimarbeit in den Behörden. In allen Bereichen, die dies zulassen, sollten die Beschäftigten auch das Recht bekommen, ihre Bürotätigkeiten von zuhause aus zu erledigen. „Dazu brauchen wir allerdings zwei wichtige Bedingungen – den Datenschutz und die Möglichkeit eines Arbeitsplatzes, der den üblichen Arbeitssicherheits- und Gesundheitsanforderungen entspricht“, sagte Ahting im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Gegenwärtig wird zwischen der Landesregierung, den Gewerkschaften und Berufsverbänden über eine Vereinbarung gesprochen, die Heimarbeit und Telearbeit erleichtern soll. Dort sollen Bedingungen formuliert werden, die dann allgemeinverbindlich sein müssen. Ahting sagte, dass man auf die Detailformulierungen sehr genau achten müsse. Es dürfe nicht sein, dass die bereits gültigen Bestimmungen für Schwerbehinderte, die besondere Einzelfallregelungen vorsehen, von den neuen Abmachungen überholt oder entwertet werden. Kürzlich hatte davor auch die Vertretung der Schwerbehinderten in den Landesbehörden mit einem offenen Brief auf dieses Problem aufmerksam gemacht.

Ich möchte dann aber nicht, dass die Kollegen die Papiere auf ihrem Küchentisch lagern und in falsche Hände geraten können.

Ahting betonte im Rundblick-Gespräch, der Datenschutz müsse bei der Heimarbeit besonders berücksichtigt werden. So könne es vorkommen, dass Mitarbeiter von Prüfbehörden, etwa Finanzämtern, Unterlagen mit nach Hause nehmen und dort bearbeiten. „Ich möchte dann aber nicht, dass die Kollegen die Papiere auf ihrem Küchentisch lagern und in falsche Hände geraten können. Daher ist es unbedingt nötig, diese sicher, also etwa in einem abschließbaren Schrank weglegen zu können.“ Es sei die Pflicht des Arbeitgebers, betont der Verdi-Vorsitzende, die Voraussetzungen zu schaffen.

Außerdem müsse sichergestellt sein, dass der Mitarbeiter zuhause auch einen Schreibtisch und einen vernünftigen Schreibtischstuhl hat. „Er darf nicht nur auf seine Couch und den Wohnzimmertisch angewiesen sein.“ Ahting hebt in diesem Zusammenhang hervor, die Förderung von Heimarbeit dürfe nicht dazu führen, dass Mitarbeiter von Behörden ganz den Kontakt zu ihren Kollegen verlieren. „Niemand darf in seinem stillen Kämmerlein brüten. Ein regelmäßiger Meinungsaustausch im Team darf nicht nur angeboten werden, er muss verbindlich sein. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Weiterentwicklung von Arbeitsprozessen und die Innovation heutzutage nur entstehen kann, wenn die Menschen sich im Team über ihre Erfahrungen austauschen.“ Einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit für all jene, die entsprechende Tätigkeiten ausüben, hält Ahting für sinnvoll. Es dürfe nicht im Belieben des Dienststellenleiters liegen, dem einen die Chance zu eröffnen und dem anderen nicht.

Niemand darf in seinem stillen Kämmerlein brüten. Ein regelmäßiger Meinungsaustausch im Team darf nicht nur angeboten werden, er muss verbindlich sein.

Der Verdi-Landesvorsitzende sieht trotz der fortschreitenden Digitalisierung weiter einen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften im öffentlichen Dienst. Auch wenn die elektronische Akte eingeführt werde, würden immer noch Mitarbeiter in Behörden nötig sein, die Prozesse überwachen oder jenen Bürgern, die das neue System noch nicht richtig verstehen, helfen müssen. Viele Verwaltungsvorgänge ließen sich zwar künftig automatisch erledigen, aber das Beispiel der Finanzämter zeige auch, wo dort die Grenzen sind. Wenn etwa ein Algorithmus künftig darüber entscheide, ob eine Steuererklärung als plausibel einzustufen ist oder nicht, dann müsse der Algorithmus idealerweise auch von den politischen Kontrollgremien überprüft werden können. Jede Veröffentlichung des Algorithmus sei aber eine Gefahr – denn dann könnten Steuerberater zugreifen und nach Wegen suchen, diesen auszutricksen.

Dieses und andere Beispiele zeigten, wie wichtig nach wie vor die Suche nach guten Fachleuten für den öffentlichen Dienst ist – auf Landesebene ebenso wie bei den Kommunen. IT-Experten würden händeringend gesucht, Ingenieure brauche man ebenso. Wie sehr sich der Wettbewerb um gute Leute zuspitze, zeige auch die Tatsache, dass viele Stellen von Experten nicht besetzt sind. In Finanzbehörden bekämen ausgebildete Fachkräfte öfter Angebote von Unternehmen und Steuerberatern, in die freie Wirtschaft zu wechseln. „Deshalb kommt es darauf an, dass der öffentliche Dienst im Vergleich zur Privatwirtschaft nicht an Attraktivität verliert und dort gute Gehälter gezahlt werden“, sagt Ahting im Rundblick-Gespräch.


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