1. Feb. 2023 · 
Inneres

Urkunden mit „Pistorius“ werden wieder eingesammelt – und gegen neue getauscht

Boris Pistorius (hier bei seinem Antrittsbesuch bei der Truppe in Altengrabow) ist als Bundesverteidigungsminister nicht mehr für Feuerwehr-Urkunden zuständig. Das bringt formelle Schwierigkeiten mit sich. | Foto: Bundeswehr/Tom Twardy

Wären es Briefmarken, so hätten sie vermutlich einen extrem hohen Sammlerwert: Einige der Urkunden zu Dienstjubiläen (etwa 25 oder 40 Jahre bei der Feuerwehr), die in diesen Tagen ausgestellt wurden, sind offensichtlich fehlerhaft. Das führt dann zu einigen kuriosen Situationen wie unlängst in der Jahresversammlung der Feuerwehr Hemmingen-Westerfeld (Region Hannover). An drei Kameraden wurden Ehrenurkunden ausgegeben, da sie schon viele Jahre in der Feuerwehr mitwirken und das „Ehrenzeichen“ als Auszeichnung bekommen. Doch als der Brandabschnittsleiter der Region Hannover, Eric Pahlke, die Urkunden austeilte, verband er das mit einer merkwürdigen Ansage: Die Schriftstücke würden gleich anschließend wieder eingesammelt und an die Regionsverwaltung zurückgegeben. Diese würde sie dann weiterleiten an das Innenministerium – und von dort gebe es neue Urkunden. „Das ist von einigen in der Hauptversammlung etwas belustigt aufgenommen worden“, schildert Vize-Ortsbrandmeister Sven Baumgarte, der auch zu den Geehrten gehört.

Was war geschehen? Die örtlichen „Leine-Nachrichten“ berichteten mit der Schlagzeile „Urkunden mit Pistorius-Schriftzug ungültig“, was wiederum das Innenministerium in Hannover in Aufregung versetzt haben soll. „Ungültig“? Das geht den Behörden dann doch zu weit. Der Sachverhalt ist, wie das Ministerium auf Rundblick-Nachfrage mitteilte, so: Die Urkunden werden von den Kreisen und kreisfreien Städten beim Land bestellt – und dann als Blanko-Exemplare mit eingedruckter Unterschrift des Ministers ausgeliefert. Die persönlichen Daten des Geehrten und das Datum der Verleihung werden in der jeweiligen Kommune aufgedruckt. Nun ist es in Hemmingen so geschehen, dass auf den Blanko-Urkunden die richtigen Namen der Geehrten standen, als Datum der Auszeichnung wurde der Termin der Hauptversammlung angegeben (28. Januar) – und die eingedruckte Unterschrift war die von Boris Pistorius. Da dieser aber zu dem Zeitpunkt schon zehn Tage lang nicht mehr Innenminister war, sondern Bundesverteidigungsminister, folgte Pahlke einer Handreichung des Innenministeriums und änderte handschriftlich das Datum (18. statt 28. Januar). Solche Korrekturen machen sich aber auf schönen Ehrenurkunden nicht gut, folglich sammelte Pahlke die Urkunden nach der Aushändigung wieder ein – damit sie vernichtet und gegen neue ausgetauscht werden können. Eigentlich ist das eine Kleinigkeit, aber im deutschen Behördenalltag, von Formalien geprägt, wirkt der Vorgang schon einigermaßen merkwürdig.

Noch seltsamer klingt eine Passage in der offiziellen Stellungnahme des Innenministeriums, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen: „Bei Ehrungen für langjährig erworbene Verdienste ist das Datum in der Urkunde auf den 18.01.2023 zu ändern, möglichst durch Ausfertigen einer neuen Urkunde. Ist dies aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich, soll das Datum in der Urkunde handschriftlich geändert werden. In diesem Fall ist dann eine neue Urkunde mit Datum 18.01.2023 und Unterschrift Boris Pistorius zu fertigen und diese später gegen die handschriftlich geänderte Urkunde auszutauschen. Auf diesen Tausch ist bei der Aushändigung hinzuweisen. Selbstverständlich ist dies nur zulässig, wenn auch die Verleihungskriterien bereits am 18.01.2023 erfüllt sind. Falls dies trotz intensiver Prüfung der Fristen nicht der Fall sein sollte, muss die Verleihung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und eine neue Verleihungsurkunde mit der Unterschrift der Ministerin Daniela Behrens ausgefertigt werden.“ Das heißt also, dass die Feuerwehrleute aus Hemmingen, die ihre Urkunde schon in den Händen hielten und dann wieder abgeben mussten, am Ende eine neue Urkunde erhalten – dann ganz sauber gedruckt mit dem Datum 18. Januar und mit der Unterschrift des heutigen Bundesverteidigungsministers.

Dieser Artikel erschien am 2.2.2023 in Ausgabe #018.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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