Untreue in Oldenburg: Nach heftiger Kritik ermittelt die Staatsanwaltschaft doch
Kam es bei der Finanzierung und beim Bau des „Schlauen Hauses“ in Oldenburg zur Untreue? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) glaubt, dafür eindeutige Beweise zu haben. Doch als die Justizbehörden nach einer ersten Prüfung erklärten, keinen Anlass für Ermittlungen zu sehen, schlug BdSt-Präsident Bernhard Zentgraf vor etwa drei Wochen Alarm: „Dass es in diesem Fall zu keiner Anklage wegen Untreue kommt, verwundert doch sehr.“ Nun reagiert die Justiz doch. Wie gestern bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft dem Steuerzahlerbund mitgeteilt, dass die Beschwerde Erfolg hatte und die bereits eingestellten Ermittlungen doch wieder aufgenommen werden. Sie richten sich gegen zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, die für Entscheidungen zu diesem „Schlauen Haus“ Verantwortung übernommen hatten. Es handelt sich um eine 2009 in der Oldenburger Innenstadt geschaffene Einrichtung, die dem Informationsaustausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und interessierten Bürgern dienen soll. Dafür wurde ein denkmalgeschütztes Gebäude umgebaut. Zunächst war festgelegt, dass die Jade-Fachhochschule und die Uni Oldenburg ein Drittel der Kosten tragen sollten, also rund 1,1 Millionen Euro. Dann aber verdreifachte sich der Uni-Anteil, und es wurden zwischen der „Schlaues Haus“-Gesellschaft und den Hochschulen Vereinbarungen über Miet-Vorauszahlungen geschlossen – einmal für 28 und dann für 23 Jahre. Der Landesrechnungshof rügte, derartige Miet-Vorauszahlungen seien nur bei „besonderen Umständen“ erlaubt, doch das könne hier nicht gelten. So hätten Hochschulbedienstete Rechtsverletzungen zu Lasten der Landeskasse „zumindest billigend“ in Kauf genommen – auch wenn von persönlicher Bereicherung nicht gesprochen werden könne.
Lesen Sie auch:
Ein Vorwurf lautet, das Gebäude sei sehr aufwendig saniert worden, damit dort auch größere Besuchergruppen untergebracht werden können. Die Justizbehörden bewerteten dies aber zunächst nicht als Problem. Sie erklärten, dass wohl besondere Umstände vorgelegen hätten, die diese ungewöhnlichen Mietverträge gerechtfertigt hätten. Außerdem habe man die Grundsätze von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit eingehalten. Daraufhin beauftragte der Bund der Steuerzahler den Juristen Prof. Paul Krell von der Bucerius-Law-School in Hamburg, der sich gründlich mit dem Vorgang auseinandersetzte und dabei auch kritische Anmerkungen zu Papier brachte. Die Fragwürdigkeit der Verträge drückte Krell unter anderem so aus: „Keine Privatperson würde, wenn sie dazu imstande wäre, die Mieteinnahmen für zwei oder drei Jahrzehnte im Voraus selbstständig entrichten, sondern selbst eine Immobilie erwerben. Da das „Schlaue Haus“ in Insolvenz ginge, so würden die erhöhten Baukosten nicht zwingend den Wert des Gebäudes auch erhöhen. Wenn also beispielsweise die Decken durch Stahlträger verstärkt wurden, ist das nur wertvoll unter der Bedingung, dass ein solcher Schritt wegen der hohen Besucherfrequenz in dem Haus auch erforderlich wäre. Kommt aber eine Nutzung ohne viel Publikumsverkehr in Betracht, spielt die Verstärkung der Decken keine Rolle.
Zentgraf meint nun, das Gutachten von Krell habe den Staatsanwälten womöglich neue Hinweise gegeben, wie mit dem Fall umzugehen ist und dass hier einer möglichen Verschwendung von Steuergeld auf den Grund gegangen werden kann. Das im Haushaltsrecht vorgesehene Verbot, Vorleistungen zu Lasten des Staates einzugehen, werde jetzt offenbar von der Anklagebehörde anders eingeschätzt als bisher. „Das ist sehr beachtlich und wird von uns begrüßt“, sagt der BdSt-Präsident.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #69.